Visum: Österreich rollt den Teppich aus

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Spät, aber doch: Österreich hat nach bestätigten "Presse"-Informationen eine liberalere Visumvergabe an Geschäftsleute beschlossen. Der schlechte Ruf und Konkurrenz zwangen dazu.

Wien. Viele Jahre lang hat Österreich Investoren abgeschreckt und in der Wirtschaft für Unmut gesorgt, weil die Behörden bei der Ausgabe von Schengen-Visa an ausländische Geschäftsleute ungewöhnlich restriktiv vorgingen und die Entscheidung über eine wirtschaftsfreundliche Vergabepraxis dem alleinigen Ermessen der jeweiligen Konsuln vor Ort überließen. Nun soll sich das Blatt wenden.

Wie „Die Presse“ in Erfahrung gebracht hat, haben das Außen-, das Wirtschafts- und das Innenministerium sowie die Wirtschaftskammer (WKO) ein Memorandum unterschrieben, mit dem die Testphase für eine neue Vergabepraxis bei Geschäftsvisa eingeläutet wird. „Das Memorandum wurde am Montag unterzeichnet“, bestätigt Außenamts-Sprecher Martin Weiss auf Anfrage. „Wir legen Geschäftsleuten den rot-weiß-roten Teppich aus“, so Walter Koren, Leiter der WKO-Außenwirtschaftsorganisation.

Mitspracherecht für Wirtschaft

Gewiss, die Initiative mit dem klingenden Namen Red-White-Red Carpet beschränkt sich vorerst auf das ferne China, Indien und Indonesien, wo das Pilotprojekt ab 1.August startet. Abhängig davon, was die Erfahrungen im zweiten Halbjahr dort ergeben, wird das Unterfangen ab 1.Jänner 2016 auf weitere Länder ausgedehnt – sicher dabei sein werde dann die Türkei, so Koren.

Kern der Neuerung, über die „Die Presse“ schon im Mai exklusiv berichtet hat, ist, dass das WKO-Außenwirtschaftscenter in den jeweiligen Ländern in die Visum-Vergabepraxis eingebunden wird und eine Erklärung über die Glaubwürdigkeit des Antragstellers abgeben kann. Diese Empfehlung soll bewirken, dass der Antragsteller in einem Schnellverfahren gleich ein Mehrfachvisum für sechs Monate erhält, das er in einer nächsten Stufe auf drei und dann auf fünf Jahre verlängern kann. Bisher konnte die Bearbeitung bis zu drei Monate dauern und lediglich zu einem Einfachvisum führen.

Wettlauf um Geld und Wissen

An der Initiative, die spät kommt, führte zuletzt offenbar kein Weg mehr vorbei. Zum einen nämlich hat sich Österreich mit seiner bisherigen Vergabepraxis endgültig ein abstoßendes Image im Ausland aufgebaut und im Verein mit der laschen und lustlosen Vergabe der Rot-Weiß-Rot-Card an qualifizierte Arbeitskräfte den zweifelhaften Ruf zugezogen, auf zuströmendes Kapital und Know-how verzichten zu können. Zum anderen sind Länder wie Deutschland, die Niederlande oder Finnland vorgeprescht und haben diverse Visum-Erleichterungsinitiativen für Geschäftsreisende gestartet. Darauf wird im jetzigen Memorandum auch Bezug genommen, wobei der Wettbewerbsgedanke sogar expressis verbis auftaucht: „Die österreichische Initiative ist umfangreicher als all diese Initiativen“, steht geschrieben. „Maximale Ausnützung des gesetzlichen Spielraums im Interesse der österreichischen Wirtschaft unter voller Wahrung der österreichischen Sicherheitsinteressen“.

An der maximalen Ausnützung des wirtschaftlichen Spielraums arbeiten indes Österreichs Exporteure von Jahr zu Jahr. Mit dem Effekt, das heuer nicht nur ein Exportplus von etwa zwei Prozent erwartet wird, wie WKO-Chef Christoph Leitl auf dem 13. Österreichischen Exporttag gestern sagte: Heuer solle dadurch erstmals seit 2007 auch wieder ein leichter Außenhandelsüberschuss von 0,1 Mrd. Euro erzielt werden. Dazu trägt auch bei, dass die Importe weniger kräftig – und zwar um 0,7Prozent – auf 130,6 Mrd Euro wachsen.

Freud und Leid der Exporteure

Als Sorgenkinder gelten laut Koren Russland, wo nach dem vorjährigen Exportrückgang um acht Prozent heuer minus 25Prozent drohen, und Griechenland.

Als Highlights hob Koren die Wachstumspole USA und China hervor. Überdurchschnittlich seien im ersten Quartal die Exporte nach Amerika und nun auch wieder in die mittelosteuropäischen Länder gewachsen. Wobei aus diesen Ländern verstärkt Konkurrenz in Österreichs wichtigste Exportlokomotive Deutschland komme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2015)

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