Banken: Österreicher sind Schuldenvorbilder

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In keinem westlichen Euroland sind Privathaushalte so wenig verschuldet. Das mindert das Risiko der Banken. Sie können es brauchen: Osteuropa und Regulierung belasten sie schwer.

Wien. Da könnte sich so manche Regierung ein Vorbild nehmen, zumal die eigene: Die Österreicher agieren beim Schuldenmachen löblich moderat. Mit 51 Prozent der Wirtschaftsleistung ist die Verschuldung der privaten Haushalte niedriger als in jedem anderen west- und südeuropäischen Euroland. Nur die Eurostaaten im Osten, deren private Schuldenhistorie erst mit dem Fall des Kommunismus begonnen hat, liegen darunter.

Die Entwicklung bleibt recht stabil, trotz historisch niedriger Zinsen, die zum Schuldenmachen verlocken. Das geht aus dem Financial Stability Report hervor, den die Österreichische Nationalbank (OENB) am Mittwoch präsentiert hat. Ähnlich beruhigend das Bild bei den Unternehmen, wo Österreich den drittniedrigsten Wert hat. An zweiter Stelle liegt hier Deutschland, an erster Griechenland – für die Datenqualität wird in diesem Fall nicht gebürgt.

Nun ist eine solche individuell löbliche Zurückhaltung für das große Ganze nicht immer von Vorteil: Einer dynamisch wachsenden Wirtschaft geht meist ein wachsendes Kreditvolumen voraus. Und die Banken leben auch von den Zinsen, die sie von Kreditnehmern kassieren. Aber für einen Finanzsektor, dessen Osteuropa-Wunden nicht verheilt sind, ist das geringe Risiko an der Heimatfront ein Ausgleich. Würgen die Banken deshalb die Kreditnachfrage ab? Seit 2008 haben sie in 16 von 29 Quartalen ihre Anforderungen verschärft. Aber die OENB gibt Entwarnung: Der Rahmen bei gewährten Krediten wird weniger ausgeschöpft. Was dafür spricht, dass eher die Nachfrage schwach ist und nicht das Angebot knapp gehalten wird.

Das Risiko der Banken liegt jedenfalls weiterhin ganz woanders: im Osten. Wie sehr sie das zuletzt verlustreiche Engagement in der Region im Wettbewerb zurückgeworfen hat, zeigt der Vergleich: Die drei großen Gruppen – Erste, RZB und Bank Austria – haben in den beiden letzten Jahren durch massive Firmenwertabschreibungen in Summe Nettoverluste geschrieben. In der europäischen Vergleichsgruppe kundenorientierter Banken, die keinen Schwerpunkt im Investmentbanking haben, war die Rentabilität hingegen positiv und deutlich steigend. Sogar die Vergleichsgruppe der Geldhäuser, die in Osteuropa engagiert sind, war profitabel, wenn auch mit sinkenden Erträgen – einfach deshalb, weil sie dort weniger stark exponiert sind.

Noch ein Thema macht den Banken zu schaffen: die wachsenden Anforderungen der Regulatoren. Die Kapitaldecke zu stärken, Puffer aufzubauen – das geht ins Geld. Dahinter steht freilich ein Ziel, das die Gesellschaft eint: Die Banken rüsten sich für eine neue Welt, in der nicht mehr Steuerzahler für ihr Scheitern haften, sondern Gläubiger und Aktionäre. Die Garantien des Staats, auch die impliziten, sollen wegfallen. Das erhöht naturgemäß zumindest vorübergehend die Kosten der Bank, ihrer Eigentümer und der Kreditnehmer. Die OENB hat nun diese Effekte abgeschätzt und zugeordnet.

Die Kosten der Regulierung

In Summe steigt die Belastung des Sektors dadurch um 1,7 Mrd. Euro pro Jahr. Das sind rund zehn Prozent der gesamten Personal- und Sachkosten des Sektors. Rund eine Milliarde jährlich sind dabei die eigentlichen Kosten der Regulierung: der Aufbau der Fonds zur Einlagensicherung und zur Abwicklung insolventer Institute sowie das steigende Eigenrisiko durch Entfall der Staatsgarantie . Der Rest entfällt auf die Bankenabgabe, die freilich nur dazu dient, Budgetlöcher des Staats zu stopfen. Verteilt auf die Gruppen, die diese Kosten schultern müssen, ergibt sich folgendes Bild: Die Banken intern leiden am wenigsten, ihre Profitabilität geht nur um 0,14 Prozentpunkte zurück. Allerdings werden sie für die Aktionäre weniger attraktiv, deren Kapital um 1,7 Prozentpunkte weniger rentabel ist. Und dann wäre da noch der einfache Kreditkunde: Für ihn steigt der Zins um einen halben Prozentpunkt.

Bekommt der Bürger damit wieder aufgepackt, was er sich als Steuerzahler potenziell spart? Die OENB betont den Unterschied zwischen kurzfristigen, individuellen Kosten und der langfristig positiven ökonomischen Wirkung: Von einem stabileren, weniger krisenanfälligen Finanzsektor, der nicht mehr fatal mit der Staatskasse verzahnt ist, sollte auf Dauer die gesamte Volkswirtschaft profitieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2015)

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