Nowotny: „Wir haben das nicht glauben können“

(c) APA (Georg Hochmuth)
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OeNB-Chef Nowotny sieht sich durch die Osteuropa-Korrektur des IWF bestätigt. Das Ostrisiko der heimischen Banken hat sich dadurch aber nicht in Luft aufgelöst.

St. Gallen. Einen „Warnschuss“ für all jene, die Zahlen veröffentlichen, bevor sie ausreichend geprüft sind, nennt Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, den Fehler, den der Internationale Währungsfonds am Donnerstag eingestehen musste. Wie „Die Presse“ berichtete, hatte sich der IWF in seinem „Global Financial Stability Report 2009“ bei den Verschuldungsraten der osteuropäischen Länder krass verrechnet. Er hatte die Lage der Länder teilweise bis zu viermal schlechter dargestellt als in der nun korrigierten Fassung.

Der Bericht hatte im April internationale Gerüchte geschürt, dass Österreich aufgrund des starken Engagements seiner Banken in der Region der Staatsbankrott ins Haus stehe. Zweifellos sei der IWF ein seriöses Institut mit einer enormen Analysekapazität, sagte Nowotny am Rande der Wirtschaftsgespräche in St. Gallen. Diese Zahlen habe die Nationalbank aber von Beginn an nicht glauben können. Er fühle sich durch die Nachbesserung des IWF in seiner Position bestärkt.

Das Ostrisiko der heimischen Banken hat sich dadurch aber nicht in Luft aufgelöst. „Man muss realistisch sagen, dass es in der Region große Probleme, unter anderem mit dem Anteil von Fremdwährungskrediten am gesamten Kreditaufkommen, gibt“, sagt Nowotny. Die heimischen Banken haben 200 bis 300 Mrd. Euro (inklusive der im Auslandsbesitz stehenden Institute Bank Austria und Hypo Alpe Adria) an offenen Krediten in Osteuropa ausstehend.

Auch nach der Korrektur sind die Verschuldungsraten einiger Länder immer noch hoch. Das tatsächliche Risiko stellt sich in den unterschiedlichen Staaten aber höchst unterschiedlich dar. So hat die EU etwa kürzlich das Osthilfepaket für ihre Mitgliedsländer von 25 auf 50 Mrd. Euro verdoppelt. Hinzu kommen für diese Staaten allein in den nächsten zwei Jahren 105 Mrd. Euro an EU-Strukturhilfen. Das sollte das Risiko etwa in Rumänien und Polen kalkulierbar machen. Der Ukraine, wo die Raiffeisenbank den Löwenanteil des Kreditmarktes hält, hilft das allerdings wenig.

Industriepaket ist auf Schiene

In Summe werden die heimischen Banken aber auch allfällige Ausfälle ohne zusätzliche Kapitalspritzen überstehen, erwartet der Notenbanker. Internationale Studien gehen von bis zu 30 Prozent an Kreditausfällen in der Region aus. Dennoch soll das 100 Mrd. Euro schwere Bankenpaket der Republik ausreichen, der Garantiefonds wird voraussichtlich nicht einmal zur Gänze aufgebraucht werden.

Ein Teil der 100 Mrd. Euro soll nun bald der Industrie zugutekommen. „Es ist ein Programm in Arbeit, nach dem in Kürze zehn Mrd. Euro aus diesem Fonds als Garantien für Industriekredite der Banken vergeben werden“, sagt Nowotny. Details über die Abwicklung, etwa zu welchem Zinssatz sich die Industrieunternehmen finanzieren können, seien derzeit noch in Verhandlung. Mit dem Industriepaket soll auch der zuletzt ausgetrocknete Kapitalfluss in Richtung Unternehmen wieder in Gang gebracht werden. Zwar ist das Kreditvolumen in Österreich in den vergangenen Monaten noch gestiegen.

Furcht vor „De-Globalisierung“

Die Finanzierung über Kapitalmärkte oder Auslandskredite sei jedoch stark rückläufig, erklärt Nowotny. Kleinere und mittlere Unternehmen leiden zudem unter strengeren Kreditbedingungen der Banken bei gleichzeitiger Verschlechterung ihrer eigenen Bonität.

Eine günstigere Finanzierungsmöglichkeit für die Industrie soll auch dem entgegenwirken, was nach Ansicht des Notenbankers die größte Gefahr für die heimische Wirtschaft darstellt: der Rückgang des Welthandels.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2009)

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