Ein Fall für das Gericht: Firmennamen mit Risiko

Grazer Start-up Noki entwickelt intelligentes Tuerschloss der Zukunft
Grazer Start-up Noki entwickelt intelligentes Tuerschloss der ZukunftStefan Warmuth
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Beim Finden des richtigen Firmennamens kann einiges schiefgehen – das zeigt der Fall des Grazer Start-ups Noki, jetzt Nuki. Doch worauf muss man bei der Wahl des Namens achten?

Wer glaubt, beim Finden des Namens für eine Firma geht es nur um den guten Klang, der irrt. Gerade in der Wirtschaftswelt stellen Firmennamen und -marken enorm hohes Kapital dar. Kapital, das mitunter mit Zähnen und Klauen verteidigt wird. Schwarz auf weiß hat das etwa das Grazer Start-up Noki, pardon, Nuki bestätigt bekommen. Es liefert ein Paradebeispiel dafür ab, welchen Schwierigkeiten Gründer bei der Namenswahl für ihr Unternehmen ausgesetzt sind.

Die ursprüngliche Idee der Grazer Tüftler, ihr schlüsselloses Türschloss unter dem Namen Noki (steht für No key) unter das Volk zu bringen, kam bei Investoren gut an. Über 380.000 Euro stellte Gründer Martin Pansy via Crowdfunding auf. Der Erfolg sorgte für Aufmerksamkeit, auch über die Grenzen Österreichs hinweg. Nicht lange und der ehemalige Handy-Weltmarktführer Nokia bekam Wind von der ähnlich klingenden Marke – und machte prompt von seinem im Markengesetz vorgesehenen Einspruchsrecht gebrauch. Das Prozessrisiko war den Grazern zu groß, sie tauften ihre Firma auf Nuki (New key) um.

Es geht nicht nur ums Risiko. Eine weise Entscheidung, findet der Wiener Rechtsanwalt und Spezialist für Markenrecht und geistiges Eigentum, Manfred Ciresa. „Nicht nur das Kostenrisiko ist in so einem Fall beträchtlich. Wenn man verliert, muss man auch in kürzester Zeit einen neuen Namen finden, die Corporate Identity umbauen und womöglich noch Autos neu folieren. Das ist ein ungeheurer organisatorischer Aufwand, der Vorlaufzeit benötigt, die man in den meisten Fällen nicht hat“, sagt er. Ciresa rät Start-ups daher, möglichst genau zu recherchieren, bevor sie sich einen Namen geben.

Diese Recherche ist allerdings aufwendig. Zu beachten seien einige Parameter, die bei der Namensgebung eine Rolle spielen. Da wären Wortklang, Wortbild und Sinngehalt der Marke, die verwendet werden soll. „Gibt es auch nur bei einem dieser Parameter eine Ähnlichkeit oder Verwechslungsfähigkeit, besteht bereits die Möglichkeit eines Markenkonflikts. Da reicht ein einziger unterschiedlicher Buchstabe meist nicht für die Vermeidung der Verwechslungsgefahr aus“, sagt Ciresa. Erfahrungsgemäß seien die Buchstaben der ersten Silbe des Markenworts wichtiger als die am Ende, wo sich etwas mehr tricksen lasse.

Um gar nicht in die Verlegenheit von Tricksereien kommen zu müssen, rät Ciresa dazu, möglichst penibel zu prüfen, ob der gewünschte Firmen- oder Markenname bereits in Verwendung ist. Dabei einfach nur die Google-Suchmaschine anzuwerfen wäre allerdings zu wenig: „Juristische Laien wissen meist nicht über die relevanten Parameter Bescheid. Es bietet sich an, ein Patentamt aufzusuchen. Sie forschen dann in ihren umfangreichen Datenbanken und können schon einiges abfangen. Auch die Wirtschaftskammer bietet Beratungsgespräche an“, sagt er.

Noch mehr Sicherheit biete die Beauftragung eines spezialisierten Patentanwalts, der sich im „großen Zoo der Kennzeichenrechte“ durchsieht. Denn wenn es darauf ankommt, sind nicht nur Markennamen ein Problem, sondern auch Firmenbezeichnungen, Domainnamen, sogar Titelschutzrechte von Printprodukten und eingetragene Werbeslogans. „Man braucht eine professionelle Suchstrategie, um das Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Aber das ist wie mit der Titanic und dem Eisberg – nur weil man gerade nichts findet, heißt das nicht, dass da nichts ist. Wenn ich bei meinen Recherchen keine Treffer habe, macht mich das eher nervös“, sagt Ciresa.

Trittbrettfahrer. Man kann es natürlich auch umgekehrt probieren und sich an einen bekannten Markennamen anhängen. Solche Versuche sind der Juristin Gabriele Benedikter schon öfters untergekommen. Sie arbeitet in der rechtspolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich und hat sich dort auf Patent-, Marken- und Musterrecht spezialisiert. „Es gab zum Beispiel eine Zigarrenfirma, die ihre Produkte unter dem Namen Boss angemeldet hat. Das ging natürlich dem Modehersteller Hugo Boss gegen den Strich, er hat geklagt und Recht bekommen“, erzählt sie. Die Spekulation des Zigarrenherstellers, dass seine Produkte völlig konträr zu denen der bekannten Marke waren, ging in diesem Fall nämlich nicht auf. Das Gericht sah vielmehr den Versuch, sich an den Ruf eines gängigen Markennamens anzuhängen. Dennoch weist Benedikter darauf hin, dass bei Namensstreitigkeiten auch berücksichtigt werden muss, ob die angebotenen Waren und Dienstleistungen ähnlich sind.

Solche Klassifizierungen, wie sie etwa im europäischen Markenregister vorgenommen werden, würden laut Benedikter zur Bestandkraft einzelner Marken beitragen. Doch auch trotz aller rechtlichen Regelungen, die Entscheidungen in Streitigkeiten fallen oft sehr subjektiv aus: „Es gibt einiges an Judikatur, wo der oberste Patent- und Markensenat Begriffe als zum Verwechseln ähnlich bezeichnet hat, bei denen man sich wundert, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Umgekehrt hat er bei eigentlich augenscheinlichen Ähnlichkeiten keine Probleme gesehen“, sagt Benedikter.

FAKTEN

Aus Noki wurde Nuki.
Das Grazer Start-up wollte sein schlüsselloses Türschloss unter dem Namen Noki (steht für No key) vermarkten. Das störte den ehemaligen Handy-Weltmarktführer Nokia, der mit eine Klage drohte. Noki benannte sich daraufhin in Nuki (New key) um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2015)

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