Wirtschaftsdiplomatie: Ein Freund des Euro für den IWF

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Maurice Obstfeld, neuer Chefvolkswirt des Währungsfonds und bisheriger Obama-Berater, argumentiert für die Vertiefung der Währungsunion.

Washington. Amerikanische Ökonomieprofessoren mit keynesianischen Neigungen und der Euro: Das ist derzeit ein etwas angespanntes Verhältnis. Wenn sie Griechenland nicht den Ausstieg aus der Währungsunion nahelegen, wie der Nobelpreisträger Paul Krugman, so erklären sie den Euro zumindest zur politischen und volkswirtschaftlichen Fehlgeburt, wie beispielsweise Joseph Stiglitz und Jeffrey Sachs es zu tun nicht müde werden.

Maurice Obstfeld, ab dem Herbst neuer Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds, hat die Laufbahnen dieser einflussreichen öffentlichen Intellektuellen oftmals gekreuzt. Er hat wie Stiglitz und Krugman seinen Doktor am Massachusetts Institute of Technology in Boston gemacht, mit Krugman hat er „International Economics“ geschrieben, ein höchst populäres Lehrbuch.

Doch in seiner Sichtweise auf den Euro und seine Fehler weicht der 1952 in New York geborene Obstfeld von seinen akademischen Weggefährten ab. „Die Herausforderung ist nun, die Eurozone auf eine Weise neu zu gestalten, die in der Tat die wirtschaftspolitische Stabilität und zugleich Stabilität, Wachstum und das gemeinsame Interesse stärkt, politische und soziale Unruhen zu vermeiden“, schrieb er zum Beispiel im Jahr 2013 in einer Studie für die Europäische Kommission. Er hielt damals die Schaffung neuer Institutionen in der Eurozone für notwendig, die aber „auch den Grundsatz der demokratischen Legitimität und Verantwortlichkeit respektieren müssen“. Konkrete Beispiele für solche Institutionen nannte er in diesem Papier nicht, er sprach sich aber für eine eigene steuerliche Einnahmequelle aus, welche die neue Europäische Bankenunion in die Lage versetzen sollte, kriselnde grenzüberschreitend tätige Banken in Europa rasch zu rekapitalisieren oder abzuwickeln.

Generell äußerte sich Obstfeld, der seit Juni vorigen Jahres zum dreiköpfigen Rat der Wirtschaftsberater von US-Präsident Barack Obama zählte und seine Professur in Berkeley ruhend gestellt hat, zuversichtlich über die Reformierbarkeit des Euro. „Die Eurozone bewegt sich schnell, um einen Fehler im Vertrag von Maastricht zu korrigieren, nämlich alle Finanzaufsichtsfunktionen nationalen Behörden zu überantworten“, schrieb er. Die Größe vieler Bankkonzerne mache eine zentrale, mächtige Finanzaufsicht mit Durchgriffsrechten unabdinglich: „Diese Perspektive legt auch ein neues Argument für fiskalpolitische Beschränkungen in einer Währungsunion nahe.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2015)

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