Neuer Anlauf für Sonntagsöffnung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wirtschaftskammer und Gewerkschaft verhandeln erstmals über ein konkretes Modell der Sonntagsöffnung in der Bundeshauptstadt.

Wien. Für den Song Contest im vergangenen Mai ist es sich nicht ausgegangen. Eigentlich wollte sich Wien damals dazu durchringen, sich als Weltstadt zu präsentieren und die Geschäfte angesichts tausender Besucher aus dem Ausland am Sonntag des Song-Contest-Wochenendes aufsperren zu lassen. Jedenfalls hatte SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl seine Zustimmung signalisiert – sofern sich die Sozialpartner auf ein Modell einigen würden.

Das taten sie aber nicht. Genauer gesagt: Es gab nicht einmal einen Gesprächstermin zu diesem Thema. Dafür mangelte es nicht an Schuldzuweisungen.

Doch jetzt kommt Bewegung in die Sache. Von der Wirtschaftskammer gibt es nun einen konkreten Vorschlag. Und dieser wird von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) auch nicht postwendend abgelehnt – sondern geprüft.

Laut einem Bericht von Ö1 sieht der Vorschlag vor, dass Geschäfte in der Inneren Stadt, der inneren Mariahilfer Straße sowie um den Tourismusmagneten Schönbrunn sonntags geöffnet haben dürfen. Dort würden sich offene Geschäfte am Sonntag auch wirtschaftlich rechnen, heißt es in einer Untersuchung der Kammer.

Gegenüber Ö1 sprach der Handelsspartenobmann der Kammer, Rainer Trefelik, von einer „sensiblen Phase der Annäherung“ zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaft. Manfred Wolf von der GPA-djp verwies im Radio auf eine ernsthafte und besonders genaue Prüfung des neuen Vorschlags. Eine Lösung schloss er jedenfalls nicht aus. Sie müsse „nachhaltig und dauerhaft“ ausfallen, sagte er. Und: „Husch-Pfusch ist das Letzte, was wir brauchen“, so Wolf.

Divergierende Umfragen

In Wien gibt es bisher keine Sonntagsöffnung – im Gegensatz zu anderen Tourismusgebieten des Landes. Zuletzt hatten sich Kammer und Gewerkschaft mit Umfragen aufmunitioniert – und damit eine Einigung quasi unmöglich gemacht. So hatte die Wirtschaftskammer im vergangenen Jahr ihre Mitglieder zu dem Thema befragt. Mit dem Ergebnis, dass 72,6 Prozent der Unternehmer dafür waren, Tourismuszonen mit der Möglichkeit erweiterter Sonntagsöffnungszeiten in Wien einzurichten.

Die Gewerkschaft konterte im Frühjahr 2015 mit einer eigenen Umfrage unter den Handelsangestellten. Ergebnis: 95,9 Prozent sprachen sich gegen eine Sonntagsöffnung aus.

Dass jetzt sogar über einen konkreten Vorschlag verhandelt wird, kann also als überraschende Kehrtwende gewertet werden.

Neos-Politikerin Beate Meinl-Reisinger kritisierte gestern allerdings, dass es durch das nun diskutierte Modell Nachteile für den Einzelhandel außerhalb der besagten Zonen geben könnte. Es sei nicht zu argumentieren, wieso Geschäfte am Stephansplatz oder in der Mariahilfer Straße sonntags aufsperren dürfen, während Geschäfte in Ottakring oder Favoriten geschlossen bleiben müssten. (kor./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

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