Asyl: Rot-Weiß-Rot-Card für Traiskirchen?

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Österreich scheut die Diskussion, qualifizierten Asylwerbern einen privilegierten Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Wie es sich generell mit der Rot-Weiß-Rot-Card schwer tut.

Wien. Je mehr Asylwerber in Europa eintreffen, umso mehr sind die Länder mit der Frage konfrontiert, wie sie deren Zugang zum Arbeitsmarkt organisieren. Und weil der Kontinent langfristig an einer Überalterung leidet, wird vermehrt zum Thema, ob der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften wenigstens zum Teil auch von Asylwerbern behoben werden kann.

Wenig Wunder, dass das wirtschaftsstarke Deutschland auch in dieser Frage die Nase vorn hat. Zumindest die Diskussion darüber ist eröffnet, seit CDU-Politiker, die Grünen und die Wirtschaft fordern, die für den Zugang Hochqualifizierter aus Drittstaaten geschaffene Blue Card (das EU-Pendant zur Rot-Weiß-Rot-Card) auch an ausgebildete Asylwerber zu vergeben.

Österreich hingegen wartet lieber einmal mehr zu. Selbst die Vertreter der Wirtschaft drängen nicht darauf: „Es wird sicher ein Thema werden“, sagt Margit Kreuzhuber, Migrationsbeauftragte der Wirtschaftskammer (WKO): „Aber noch ist es keines. Bislang hat unser Haus die Rot-Weiß-Rot-Card für Flüchtlinge nicht als Forderung formuliert.“ Auch die Industriellenvereinigung (IV) hält den Ball flach. Man fordere es bislang nicht, wird auf Anfrage erklärt. Beide Organisationen halten es für heikel, die Verfahren für Arbeitsmigranten und schutzsuchende Flüchtlinge zu vermischen.

Keine Daten über Potenziale

Die Vorsicht verwundert. Schließlich drängen beide Institutionen seit einiger Zeit darauf, dass Asylwerber ähnlich wie in Deutschland nach drei Monaten Aufenthalt einen Job annehmen dürfen, sofern für die offene Stelle kein Einheimischer, EU-Ausländer oder anerkannter Flüchtling zur Verfügung stehen (Ersatzkraftverfahren). Allein, Sozialminister Rudolf Hundstorfer legt sich dagegen mit Verweis auf die hohen Arbeitslosenzahlen quer. Gemeinhin wird dahinter die Furcht vor einem Zustrom verängstigter Wähler zu den Freiheitlichen gesehen.

Womit noch nicht beantwortet ist, warum in Österreich die Bedenken, die für die Zuwanderung einer Elite erdachte Rot-Weiß-Rot-Card auch für qualifizierte Asylwerber zu öffnen, sogar bis zu den obersten Wirtschaftslobbyisten reichen. Es sei schwierig zu prüfen, ob Angaben und Nachweise der Asylwerber über ihre Qualifikationen stimmen, argumentieren IV und WKO.

Faktum freilich ist, dass die ankommenden Asylwerber, die dann monatelang untätig auf ihren Asylbescheid warten, auch gar nicht nach ihrer beruflichen Qualifikation, sondern laut Innenministerium nur nach ihrer Schutzbedürftigkeit gefragt werden. Deshalb verfügt Österreich auch über keinerlei Daten, welches Potenzial unter den Flüchtlingen in Traiskirchen und andernorts schlummert. „Eine solche Erfassung wäre sicher ein erster Schritt“, heißt es aus der IV: „Fragt sich, wer das finanziert.“

So verlegt sich auch die IV lieber darauf, eine bessere Vermittelbarkeit und mehr Ausbildung für die bereits anerkannten Asylanten zu fordern. Mit der Rot-Weiß-Rot-Card hat man ohnehin schon genug Ärger. Denn de facto funktioniert der Zuzug Hochqualifizierter mehr schlecht als recht (siehe Kasten). Kreuzhuber gibt sich daher vorsichtig optimistisch: „Wenn die Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Card auf Asylwerber erst mal diskutiert wird, dürften die Pro-Argumente überwiegen.“

AUF EINEN BLICK

Seit Juli 2011 gibt es die Rot-Weiß-Rot-Card. Ziel ist es, qualifizierte Fachkräfte in Mangelberufen und Studienabsolventen aus aller Welt nach Österreich zu holen. Doch der Erfolg ist bescheiden. Die Hürden seien zu hoch, so die Wirtschaft. Auch die Zulassungsverfahren dauerten zu lange. Bislang wurden nur 7572 Karten vergeben. Darin waren auch 537 Blue Cards enthalten. Diese sind ein EU-Pendant zur Rot-Weiß-Rot-Card. Die Blue Card wird restriktiver vergeben und wird nun einer Revision unterzogen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2015)

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