Kärnten baut sich Großkraftwerk einfach selbst

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Symbolbild Energie(c) Clemens Fabry
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Die Stadt Klagenfurt steigt über die Stadtwerke beim umstrittenen Biomasse-Kraftwerk ein. Das sei gesetzeswidrig, sagen Juristen. Auch einige Konkurrenten wollen das nicht hinnehmen und fordern eine Neuausschreibung.

Wien/Klagenfurt. Manchmal kann alles so einfach sein. Da streitet halb Österreich jahrelang über Bau oder Nichtbau eines hoch subventionierten Biomasse-Kraftwerks in Klagenfurt – und dann kommt die Politik und rettet kurz einmal die Welt. Wie kürzlich bekannt wurde, steigt die Stadt Klagenfurt über die Stadtwerke in das – heftig umstrittene – Projekt der RZ-Gruppe ein.

So soll das Biomasse-Kraftwerk nun doch realisiert werden. Die Genehmigungen liegen nach mehrmaligem Anlauf vor. Und da die Stadtwerke ein 2,6 Millionen Euro teures Grundstück beisteuern, kann der finanziell angeschlagene Betreiber auch mit dem Bau beginnen. Mit Funder-Max wurde sogar einer der größten Gegner ins Boot geholt. Er soll Abwärme liefern. Dafür ist das geplante zweite Kraftwerk tot.

Ende gut, alles gut, also? Nicht wirklich. Nicht nur, dass die Papierindustrie aus Sorge vor höheren Holzpreisen weiter gegen das Großkraftwerk wettert, das für das Verstromen von Holz zig Millionen Euro von den Stromkunden zugeschossen bekäme. Es gibt auch gewichtigere Argumente gegen den Plan der SPÖ-Bürgermeisterin, Marie Luise Mathiaschitz: Er ist wohl gesetzeswidrig. Das sagt zumindest Michael Hecht von FWP Rechtsanwälte, einer der in dieser Sache befassten Juristen. „Das Projekt wäre natürlich neu vergabepflichtig, da eine gänzlich andere Leistung erbracht werden soll als anfangs gefordert“, betont er.

„Privatisierung verhindert“

Nach der vorliegenden Lösung müsse deutlich später deutlich weniger Wärme geliefert werden, da ja auch Funder-Max mit an Bord ist. Eigentlich müsste die RZ-Gruppe die Stadt ab Oktober mit Wärme versorgen. Mit der Stadt als Partner „darf“ der Termin nun verstreichen. Statt der Pönale wollen die Stadtwerke nun einen Anteil am 60-Millionen-Euro-Projekt. „Es wäre dilettantisch zu glauben, dass das nicht angefochten wird“, so Hecht.

Er ist nicht der Einzige, der das so sieht. Auch etliche Konkurrenten der RZ-Gruppe haben bereits Bedenken angemeldet und wollen rechtliche Schritte gegen die plötzliche Änderung des Projekts anmelden. Sie fordern eine Neuausschreibung. Bürgermeisterin Mathiaschitz und die Klagenfurter Stadtwerke waren am Freitag für die „Presse“ nicht erreichbar. Bei der Präsentation des Deals bejubelte die Politikerin, die das Projekt von ihrem FPÖ-Vorgänger geerbt hatte, dass die „Privatisierung der Fernwärme verhindert“ wurde.

Wird der Plan aber nicht juristisch wasserdicht umgesetzt, könnte ihr jedoch noch aus einer ganz anderen Richtung Ungemach drohen. Die Kärntner RZ-Gruppe, in Kärnten gern gesehener Sponsor des Fußballklubs WAC, ist seit einiger Zeit in finanzielle Schieflage geraten. Das Unternehmen steht mit zig Mio. Euro bei der Hypo-Abbaugesellschaft Heta in der Kreide. Angeblich wurden diese kürzlich fällig gestellt. Zudem musste Ende Juni ein Teil der Gruppe, die RZ Holzindustrie, Insolvenz anmelden. Das Unternehmen war mit 17,8 Mio. Euro überschuldet. Ohne Einstieg der Stadt wären im Oktober bei Nichtlieferung der Wärme noch Pönalezahlungen fällig.

Ungerechtfertigte Beihilfe?

„Sollten ungerechtfertigte Verzichte auf Pönalen, Kündigungsmöglichkeiten oder andere vertragliche Rechtsbehelfe erfolgen, steht auch der Verdacht der Untreue im Raum“, betont Anwalt Hecht. „Beseitigt die Stadt Klagenfurt hier – angebliche – Finanzierungsengpässe der RZ-Gruppe, wird das auch beihilferechtlich zu prüfen sein. Das gilt für die ganze Transaktion.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2015)

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