Deal unter Heimwerkern: Aus Baumax wird Obi

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"Presse"-Exklusiv. Der deutsche Konzern steht knapp vor dem Einstieg beim angeschlagenen Konkurrenten. Obi mietet die Baumärkte – Immobilienentwickler Supernova dient hierzulande als Türöffner.

Wien. Es ist der letzte Akt eines drei Jahre dauernden Kampfes gegen die Insolvenz. Nach der Schließung bzw. dem Verkauf der verlustbringenden Baumax-Geschäfte in Rumänien, Bulgarien, Kroatien, der Türkei, Ungarn und Slowenien steht jetzt der Verkauf des „Kerngeschäfts“ in Österreich, Tschechien und der Slowakei unmittelbar bevor. Noch ist alles geheim und die Verhandlungen laufen hinter verschlossenen Türen. Eines zeichnet sich schon ab: die von Karlheinz Essl aufgebaute Heimwerkerkette Baumax scheint Geschichte zu sein. Denn über den meisten der zur Disposition stehenden 106 „Baumäxen“ dürfte bald der Name Obi prangen.

Immerhin würde ein Großteil der Arbeitsplätze erhalten bleiben, sollte der mehrheitlich zur deutschen Tengelmann-Gruppe gehörende Konkurrent einsteigen. Ob das auch der Fall wäre, sollte überraschend noch die französische Adeo zum Zug kommen, ist indes offen. Adeo ist in Österreich noch gar nicht tätig, hat sich aber bereits die rumänische Baumax-Tochter gesichert. Baumax beschäftigt allein in Österreich rund 3500 Mitarbeiter, einst hatte die Gruppe mehr als 9000 Mitarbeiter.

Kartellrechtliche Vorbehalte

Weil Obi hierzulande schon 32 und in Tschechien 28 Baumärkte betreibt, dürften die Deutschen wegen der wahrscheinlichen kartellrechtlichen Vorbehalte allerdings nicht als Käufer auftreten. Vielmehr will Obi die Geschäfte mieten. Für alle Fälle hat der deutsche Martkführer bereits einen Antrag an die EU-Kommission gestellt, berichtete am Freitag das „Manager Magazin“.

Für Österreich gibt es dafür schon einen konkreten Plan, wie der „Presse“ von mit der Causa betrauten Personen bestätigt wurde. Der steirische Entwickler von Handelsimmobilien, Supernova, will 51 der 66 österreichischen Baumax-Standorte kaufen. 40 will er an Obi vermieten, den Rest möglicherweise selbst zu Fachmärkten ausbauen. Zwei Supernova-Immobilien in Österreich sind schon an Obi verpachtet. Supernova-Besitzer Frank Albert wollte auf „Presse“-Anfrage die Vorgänge absolut nicht kommentieren. Faktum ist, dass Albert vor wenigen Tagen für jeden der Baumax-Standorte schon Tochterfirmen der Supernova Baumärkte Holding gegründet hat, wie aus dem Firmenbuch hervorgeht.
Ob in Tschechien, wo Baumax 24 Filialen hat, und in der Slowakei (14) sowie Slowenien (noch zwei Läden) ähnlich vorgegangen wird und von wem Obi dort die Baumärkte anmietet, ist offen.

Bremsen könnte Obi eigentlich nur der von der Mutter Tengelmann geplante, aber vom deutschen Kartellgericht untersagte Verkauf seiner Kaiser's-Supermärkte an Edeka. Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die beantragte Ministererlaubnis noch nicht gegeben. Ohne den dringend benötigten Verkaufserlös würde das Geld für die Expansion fehlen.
Bei Baumax hält man sich wie immer bedeckt und nennt keine Namen. Sprecherin Monika Voglgruber bestätigt aber, dass es Gespräche mit Interessenten gibt.

Bilanz bis Ende September

Das Stillhalteabkommen, das Baumax mit den Gläubigerbanken (allen voran Raiffeisen, Erste Group und Bank Austria) 2012 schließen musste, weil die Krise in Osteuropa die Erträge wegschmelzen hat lassen, läuft noch ein Jahr. Geldgeber und Leasingfirmen würden allerdings Druck machen und auf einen Abschluss des Verkaufsprozesses bis spätestens Ende September drängen, heißt es. Dafür gibt es mehrere Gründe: Auch das Bastler-Business unterliegt Saisonen – jetzt muss die Winterware eingekauft werden, wofür es Geld braucht. Das sollte der neue Eigentümer/Betreiber machen.
Andererseits kann Wirtschaftsprüfer Ernst & Young der Bilanz 2014 nur ein uneingeschränktes Testat geben, wenn der Verkauf fix und der Weiterbestand gesichert ist. Nach Unternehmensgesetzbuch muss Baumax wie alle Kapitalgesellschaften den Jahresabschluss spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag – also bis Ende September – beim Firmenbuchgericht einreichen.

Schon 2013 hing das Überleben von Baumax an der Fortführungsprognose des Wirtschaftsprüfers – und am Goodwill der Banken. Der Verlust stieg von 136 auf 186 Mio. Euro und fraß mit den früheren Verlusten das Eigenkapital. Es lag bei minus 123,6 Mio. Euro. Auch 2014 dürfte es negativ gewesen sein. Essl musste den Banken im April 2014 eine Verwertungsvollmacht geben, schon 2012 musste er Konzern, Liegenschaften und Marke verpfänden. Im September 2014 verkaufte er den Großteil seiner Kunstsammlung an den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

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