Österreich sucht den Aufschwung

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Die Ukraine bricht weg, Russland wird sanktioniert, die Weltkonjunktur ist schwach, und die heimischen Konsumenten haben zu wenig Kaufkraft.

Wien. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) konnte am Freitag bestätigen, dass die Ökonomen mit ihrer letzten Prognose richtig lagen. Das ist allerdings keine gute Nachricht, bedeutet es doch bloß, dass die Wirtschaft in Österreich stagniert. Und zwar seit mittlerweile vier Jahren.

Nur extreme Optimisten würden den vom Wifo vermeldeten Anstieg von 0,2 Prozent BIP-Wachstum im ersten auf 0,3 Prozent im zweiten Quartal tatsächlich als Beschleunigung bezeichnen. Immerhin: Verglichen mit dem zweiten Quartal des Vorjahrs ist das Bruttoinlandsprodukt um ganze 0,5 Prozent gewachsen. Hier ist also ein positiver Trend zu beobachten.

Das war's dann aber auch schon wieder mit den guten Nachrichten. „Das ist ein ganz zögerlicher Aufschwung“, sagt Wifo-Chef Karl Aiginger im Gespräch mit der „Presse“: „Er kann auch jederzeit durch ein unvorhergesehenes Ereignis unterbrochen werden.“

Die Gründe für die Misere? Ein Cocktail aus hausgemachten und externen Faktoren. Der traditionell starke Export schwächelt weiter. Einerseits wegen der ebenfalls enttäuschenden Weltkonjunktur, die auch sieben Jahre nach der Finanzkrise noch nicht richtig in Gang gekommen ist. Die zuletzt wachsende Zuversicht in der heimischen Industrie ist ebenso wieder dahin, wie der sinkende Einkaufsmanagerindex der Bank Austria zeigt. Er steht bei nur noch 50,5 Punkten.

Der EU gehen die Kandidaten aus

Auch die Voraussetzungen werden immer schlechter. Denn der EU geht das Erweiterungspotenzial verloren. „Unser Wachstum war im EU-Vergleich meist überdurchschnittlich stark, weil wir von den Erweiterungen profitiert haben – zuerst von jener in die Nachbarländer, dann in weitere Länder wie Bulgarien und Rumänien“, so Aiginger.

Das erste Problem: Jetzt wäre eigentlich die Schwarzmeerzone an der Reihe und sollte durch wachsenden Wohlstand für Nachfrage in Österreich sorgen. Stattdessen versinkt die Ukraine zwei Jahre nach der prowestlichen Maidan-Revolution im Chaos, die Exporte brechen komplett ein. Das zweite Problem: Genau dieser Konflikt trifft auch einen weiteren Wachstumsmarkt im Osten: Russland. Dass die Sanktionen gegen das rohstoffreiche Land in großen Teilen der europäischen Wirtschaft und Industrie unbeliebt sind, kommt nicht von ungefähr. Dazu kommt die lokale Wirtschaftskrise in Russland. Ergebnis: ebenfalls einbrechende Exporte. „Die Sanktionen haben uns sicher gekostet“, sagt Aiginger.

Ironisches Detail am Rande: Während die Sanktionen den Handel zwischen Europa und Russland haben einbrechen lassen, hat sich der Handel zwischen Russland und den USA zuletzt sogar intensiviert – allerdings war hier das Niveau freilich von Haus aus viel geringer.

Bleibt zu hoffen, dass die Inlandsnachfrage anzieht – aber für derartige Hoffnung gibt es eigentlich keinen Grund. Die Konsumausgaben der Haushalte steigen um lediglich 0,1 Prozent, sie stagnieren also noch deutlicher als die Gesamtwirtschaft. Die Gründe hierfür muss man nicht lang suchen: Die Österreicher wurden zuletzt durch steigende Steuern und Gebühren deutlich stärker belastet als etwa die deutschen Nachbarn.

Die steigenden Steuern und Gebühren erklären auch die Diskrepanz bei der Inflationsrate, die in Österreich trotz EU-weiter Deflationsgefahr solide über 1,5 Prozent liegt. Ein positiver Entlastungseffekt durch die letzte Steuerreform ist zudem bisher ausgeblieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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