Studie: Österreich, Land der braven Zahler

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Die Österreicher zahlen in Westeuropa am schnellsten. Durch Ausfälle ist jedes zehnte Unternehmen in seiner Existenz bedroht.

Wien. Vielleicht sollten Burgenlands Behörden einmal ein Seminar für Österreichs Beamte machen, vielleicht sollte man dazu gleich die Privatwirtschaft einladen. Denn die öffentliche Hand im Burgenland schafft, was keine andere in den acht Bundesländern und kein einziges Unternehmen in Österreich schafft: Sie zahlt pünktlich.

Nicht einen einzigen Tag Zahlungsverzug registrierte der KSV 1870 in seiner gestern präsentierten Untersuchung zum „Zahlungsverhalten der Österreicher“ (Umfrage im Juni 2015 unter etwa 2000 Unternehmen). Burgenlands Behörden zahlten innerhalb der vorgeschriebenen 33 Tage, die Tiroler ließen sich schon 34 Tage Zeit (Zahlungsziel: 29 Tage, Verzug: fünf Tage). Am unpünktlichsten zahlt das Wiener Magistrat: Neun Tage ist die öffentliche Hand in Verzug (Zahlungsziel: 33 Tage, Zahlungsdauer: 42 Tage).

Es ist ein altbekanntes Ergebnis der jährlichen Untersuchung des KSV 1870: Die Behörde lässt sich am längsten Zeit, um Rechnungen zu begleichen. Im Durchschnitt dauert es 38 Tage (sieben Tage über den Stichtag hinaus). Firmenkunden zahlen binnen 29 Tagen (vier Tage verspätet), Privatkunden binnen 17 Tagen (drei Tage verspätet).

Die Situation der befragten Unternehmen ist mittlerweile derart angespannt, dass zehn Prozent angaben, durch Zahlungsausfälle in ihrer Existenz bedroht zu sein. 37Prozent haben deshalb einen Liquiditätsengpass, 18 Prozent höhere Zinskosten, acht Prozent müssen sogar Mitarbeiter kündigen (auf Platz eins der Folgen sind naheliegend mit 58 Prozent Gewinneinbußen).

Als Konsequenz würden bereits 53 Prozent der Firmen Lieferungen an Kunden einstellen, um künftige Forderungsverluste zu vermeiden, erklärte Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV 1870 Holding AG. Fast ein Drittel (30 Prozent) setzt auf Informationen von Dritten (Auskunfteien, branchenintern), um rechtzeitig vor möglichen Zahlungsschwierigkeiten gewarnt zu sein. Um Forderungsverluste auszugleichen, stellten 51 Prozent der Befragten die Zahlungskonditionen bei einzelnen Kunden auf Vorauskassa oder Nachnahme um.

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Lange Dauer in Italien

Im internationalen Vergleich haben die Österreicher eine hervorragende Zahlungsmoral. Nirgendwo in Westeuropa wird pünktlicher bezahlt als hierzulande. Laut dem Zahlungsmoralbarometer des Kreditversicherers Atradius liegt die Zahlungsdauer in Österreich im Durchschnitt bei 29 Tagen, was nur vier Tage länger ist als das vorgeschriebene Zahlungsziel. In Deutschland, Platz zwei, wird bereits mit acht Tagen Verspätung bezahlt (insgesamt 30 Tage), in Dänemark mit neun Tagen (insgesamt 35 Tage).

Am schlechtesten ist die Zahlungsmoral in Italien, dort lässt man sich 21 Tage länger als vorgeschrieben Zeit, um Rechnungen zu begleichen (insgesamt dauert es 72Tage). Gleich die Situation in Griechenland: Vom Erstellen der Rechnung bis zur Bezahlung vergehen im Durchschnitt 72 Tage. Dabei hat man schon großzügige Zahlungsziele vorgegeben: 53 Tage. Aber Privatpersonen, Firmen und Behörden lassen sich trotzdem noch einmal 19 Tage Zeit für die Überweisung.

Die Hauptgründe für verspätete Zahlungen: ein momentaner Liquiditätsengpass (61Prozent), Ineffizienz der Verwaltung (46 Prozent), Vorsatz (43 Prozent), Überschuldung (19 Prozent). (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2015)

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