Kommunalkredit: Freisprüche in einer fast endlosen Causa

Urteil. Nach sechs Jahren können der Ex-Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer und seine Mitangeklagten aufatmen.

Wien. „Ich bin müde, aber sehr erleichtert“, sagt der Ex-Vorstand der Kommunalkredit, Reinhard Platzer, der „Presse“. Wenige Stunden davor hatten ihn Richterin Nicole Rumpl und die Schöffen vom Vorwurf der Untreue und der Bilanzfälschung (nicht rechtskräftig) freigesprochen. Ebenso die anderen drei Angeklagten – Ex-Vorstand Leopold Fischer sowie die beiden Prokuristen. Und während am ersten Prozesstag, dem 2. Oktober 2014, der Verhandlungssaal zum Bersten voll war, waren nur vier Zuschauer – darunter auch Platzers Tochter – anwesend, als Rumpl erläuterte, dass es einfach keinen Grund für eine Verurteilung gebe.

22 Prozesstage lang hatte Staatsanwältin Beatrix Winkler versucht, Richterin und Schöffen vom Gegenteil zu überzeugen – ohne Erfolg.

Worum ging es bei dem Prozess? Die Kommunalkredit war eine Spezialbank, Spareinlagen verwaltete sie nie, dafür hatte sie keine Konzession. Ihr Kerngeschäft bestand darin, die öffentliche Hand zu finanzieren. Mit diesem lukrativen Geschäft wuchs sie binnen weniger Jahre zu einer mittelgroßen Bank. Besonders stark expandierte die Kommunalkredit ab dem Jahr 2005, nachdem die ÖVAG das Institut übernommen hatte. 2007 wies sie ein Bilanzvolumen von über 30 Milliarden Euro auf.

Die Lehman-Pleite, Bankenkrise und in weiterer Folge das Austrocknen des Geld- und Kapitalmarkts brachten die Bank in arge Probleme. Bis dahin hatte sich die Kommunalkredit aufgrund der guten Bonität bei anderen Banken zu sehr günstigen Konditionen refinanzieren können. Das änderte sich mit September 2008 schlagartig. Zusätzlich verloren die Wertpapiere der Bank massiv an Wert, was die Situation weiter verschärfte.

Cora KG war geprüft

Auf die prekäre Lage reagierten die beiden Vorstände, nachdem ihnen der Aufsichtsrat nahegelegt hatte, etwas zu tun, um die starken Kursschwankungen der Papiere in der Bilanz zu reduzieren. Die Vorstände entschieden sich dazu, die Kommanditgesellschaft Cora zu gründen, um die volatilen Wertpapiere dorthin auszulagern. Dieses Modell hatten sich nicht die beiden Vorstände und ihre Prokuristen erdacht, sondern Deloitte Deutschland und die Dresdner Bank, die es bereits mehrfach praktiziert hatten. Als die Konstruktion stand, wurden sowohl Deloitte Deutschland als auch der Wirtschaftsprüfer der Bank, die KPMG, mit einer Prüfung beauftragt. Beide hatten an dem KG-Modell nichts auszusetzen.

Nicht so die Staatsanwaltschaft, sie warf Platzer und seinen Kollegen vor, der Kommunalkredit bei der Auslagerung der Papiere an die Zweckgesellschaft Cora KG Zinsverluste verursacht zu haben. Ein weiterer Punkt der Anklage stützte sich auf die Vergabe eines Kredites von acht Mio. Euro, den die Kommunalkredit der Cora KG zu einem Zeitpunkt gewährt habe, zu dem diese sich bereits in wirtschaftlicher Schieflage befunden haben soll. Im Wesentlichen stützte Staatsanwältin Winkler ihre Vorhalte auf ein Gutachten des Sachverständigen Gerhard Altenberger.

Ihn lehnten alle vier Anwälte ab, nachdem er im Ermittlungsverfahren „als verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft“ fungiert hatte. Die Richterin gab ihnen recht und entschied sich dafür, für das Hauptverfahren eigene Sachverständige zu bestellen. Eine richtungsweisende Entscheidung, die das Verfahren zwar um fast ein Jahr verlängerte, aber auf den Ausgang maßgeblichen Einfluss hatte.

Wirtschaftsprüfer Gerd Koneczny hatte zu klären, ob die Cora KG in die Konzernbilanz aufgenommen hätte werden müssen. Seine Antwort lautete Nein. Der zweite Sachverständige wiederum, der BankenexperteErich Pitak, kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Kreditgewährung an die Cora KGvertretbar gewesen sei und die Konditionen marktüblich. Die Ausführungen beider Sachverständigen dürften Richterin Rumpl klar überzeugt haben; bei der Erörterung der beiden Gutachten hatte sie keine einzige ergänzende Frage mehr an die Gutachter.

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