Konjunktur: Gewinnabschöpfung bei Absprachen

(c) Clemens Fabry
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Die Regierung verhandelt ein Konjunkturprogramm. Harte Maßnahmen fordert dabei die SPÖ wegen hoher Lebensmittelkosten: Firmen sollen ihre Preise rechtfertigen müssen.

Wien. Die Untersuchung der Arbeiterkammer sorgt jährlich für Unmut: Die Preise identer Lebensmittel sind in Wien im Schnitt um 18,3Prozent (netto um 15,3 Prozent) höher als in München. Bisher blieb das Ergebnis der Studie ohne Konsequenz, doch das soll sich ändern.

Die SPÖ plant harte Schritte gegen die Lebensmittelbranche: So soll nicht mehr die Behörde nachweisen müssen, dass Preise überhöht sind, sondern „marktbeherrschende Unternehmen“ sollen die Rechtmäßigkeit ihrer Preise erklären müssen. Neben dieser Beweislastumkehr sollen bei Preisabsprachen neben den üblichen Strafen auch alle Gewinne abgeschöpft werden, die aufgrund von Preisabsprachen erwirtschaftet wurden.

Die Maßnahmen sind Teil eines Konjunkturpakets, über das die Koalition verhandelt. Die SPÖ möchte mit diesen Schritten eine „Inflationsbremse bei Lebensmittelpreisen“ erreichen und damit die Kaufkraft der Österreicher stärken, wie es in einem internen Papier heißt.

In dem Papier wird darauf hingewiesen, dass die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in den vergangenen drei Jahren 20 Kartellverfahren gegen die Lebensmittelbranche durchgeführt habe und Strafen in Höhe von 25 Mio. Euro verhängt worden seien. Eine künftige personelle Stärkung der BWB soll unter anderem ein „laufendes Wettbewerbsmonitoring“ ermöglichen.

6000 neue Wohnungen

Das Konjunkturpaket wird zwischen Sozial- und Wirtschaftsministerium verhandelt. Schon im März hatte sich die Regierung bei einer Klausur unter anderem auf ein Wohnbaupaket geeinigt, um die Wirtschaft anzukurbeln (6000 neue Wohnungen pro Jahr, plus 20.000 Arbeitsplätze).

Neben dem Kampf gegen die hohen Lebensmittelpreise sieht die SPÖ auch die Mieten als Preistreiber. Daher soll es im kommenden Jahr keine Erhöhung der Richtwertmieten geben. Damit ersparten sich 300.000 Mieter pro Jahr 150 Euro.

Schnellere Verfahren beim Stromnetzausbau sollen wiederum Investitionen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro bringen.

Einig sind sich beide Parteien bei speziellen Förderungen für Klein- und Mittelunternehmen, die seit Anfang September über den ERP-Fonds auch bereits günstige Kredite erhalten. Das soll Investitionen im Umfang von fünf Mrd. Euro auslösen. Auch bei der Abschaffung der kalten Progression gibt es Einigkeit, die Details sind noch offen.

Die ÖVP hatte sich Ende August unter anderem für eine Entlastung der Unternehmer durch eine Beitragssenkung beim Familienlastenausgleichsfonds starkgemacht. Geändert werden soll weiters die Flugticketsteuer, „um Wettbewerbsnachteile bestmöglich zu verhindern“.

Unklarheit gibt es über die Zukunft der Bankenabgabe, über die angeblich auch im Rahmen des Konjunkturpakets verhandelt wird. Österreichs Kreditinstitute zahlen ab kommendem Jahr etwa 380 Millionen Euro in den EU-Sicherungsfonds ein – zusätzlich zu den 640Mio. Euro, die die jährliche Abgabe in Österreich ausmacht. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner hatte in der Vergangenheit betont, dass diese Doppelbelastung auf Dauer schwer zu stemmen sei. Doch die SPÖ wehrt sich gegen eine Abschaffung oder Gegenrechnung, das Finanzministerium fürchtet Einnahmenausfälle.

Arbeitsmarktgipfel im Herbst

Berichte, wonach die Abgabe gesenkt werden soll und die Banken im Gegenzug einen Investitionsfonds füttern sollen, wurden sowohl in hochrangigen SPÖ- als auch in ÖVP-Kreisen dementiert.

Neben den finanziellen Maßnahmen verhandelt die Regierung auch über arbeitsrechtliche Regelungen. Vereinfachungen sollen mehr Arbeitsplätze bringen. Die Arbeitnehmer fordern am lautesten die Möglichkeit eines Zwölf-Stunden-Arbeitstags. Die Gewerkschaft wiederum fordert eine generelle sechste Urlaubswoche. Seit Langem wird vermutet, dass es hier einen Abtausch geben könnte. In den kommenden Wochen soll es unter anderem dazu einen Arbeitsmarktgipfel unter Führung von Bundes- und Vizekanzler geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2015)

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