Schuldenkrise trifft Versicherungen

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Die deutsche Ergo-Versicherung stellt zu Jahresende das Geschäft mit klassischen Lebensversicherungen ein. Schuld daran sind die niedrigen Zinsen.

Wien. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der Rettungsmaßnahmen für Banken sind die öffentlichen Schulden in vielen Ländern auf einen Rekordstand gestiegen. Damit die Staaten die Schuldenberge leichter abbauen können, hat die Europäische Zentralbank den Leitzins auf ein Rekordtief gesenkt. Die Zeche dafür zahlen zunächst die Sparer. Seit 2010 haben die Österreicher durch negative Realzinsen in Summe über elf Milliarden Euro verloren. Negative Realzinsen bedeuten, dass die Inflationsrate höher ist als der Zinssatz.

Nun gerät auch die Versicherungsbranche unter Druck. In Deutschland kündigte die Ergo-Versicherung am Montag an, dass sie bald den Verkauf von klassischen Lebenspolizzen mit einem Garantiezins einstellen wird. „Wir werden die klassischen Produkte zum Jahresende für das Neugeschäft weitgehend schließen“, so Ergo-Vorstand Clemens Muth.

Denn solche Polizzen seien unprofitabel. Künftig will das Unternehmen nur noch Produkte anbieten, die sich stärker an der Entwicklung der Kapitalmärkte orientieren. Dabei werden die Risken verstärkt auf die Kunden abgewälzt. Ergo-Vorstand Muth kritisiert in der „Süddeutschen Zeitung“ die Vorgangsweise der Europäischen Zentralbank. Die Ergo-Versicherung ist auch in Österreich aktiv. Am Montag erklärte ein Vertreter der Österreich-Tochter, dass man auch hierzulande an einem Produkt, das der Niedrigzinsphase besser entspricht, arbeite.

Die großen Player am österreichischen Versicherungsmarkt sagen, dass sie weiterhin Produkte mit einem klassischen Garantiezins anbieten wollen. Einzig die Uniqa-Versicherung verkauft seit Jahresbeginn nur mehr Lebenspolizzen ohne Garantiezins.

In Japan gibt es schon seit Jahrzehnten niedrige Zinsen. Dort kollabierten Lebensversicherungen. Die Ratingagentur Moody's schlägt nun Alarm. Sie warnt, dass auch in Europa die eine oder andere Gesellschaft zusammenbrechen könnte. Schuld daran sind nicht nur die niedrigen Zinsen, sondern auch die strengeren Risikorichtlinien der Aufsicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2015)

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