Bilanzfälschung? Meinl-Bilanz 2014 im Fokus der Justiz

PK MEINL-BANK: VORSTAND PETER WEINZIERL
PK MEINL-BANK: VORSTAND PETER WEINZIERLAPA/HANS KLAUS TECHT
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"Presse"-Exklusiv. Die Staatsanwaltschaft hat Zweifel an der Richtigkeit des Jahresabschlusses 2014 der Meinl Bank. Sie ermittelt gegen die Vorstände wegen des Verdachts der Bilanzfälschung.

Wien. Neue Zores für die beiden Vorstände der Meinl Bank. Nachdem die Finanzmarktaufsicht die Bank aufgefordert hat, Peter Weinzierl und Günther Weiss mit Ende Oktober abzuberufen, nimmt nun auch die Staatsanwaltschaft Wien die beiden in die Mange. Sie zweifelt an der Richtigkeit des Jahresabschlusses der Meinl Bank 2014. Wie die „Presse“ erfuhr, hat die Behörde Anfang September gegen Peter Weinzierl und Günther Weiß Ermittlungen wegen des Verdachts der Bilanzfälschung aufgenommen.

Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens begründet die Staatsanwaltschaft in ihrem Schreiben vom 1.September 2015 (es liegt der „Presse“ vor) so: „Es besteht insbesondere der Verdacht, dass das Risiko der Meinl Bank AG aus einer möglichen Inanspruchnahme durch Anleger unrichtig dargestellt wurde.“ Das heißt, die Staatsanwaltschaft hat Bedenken, dass die Meinl Bank ausreichende Rückstellungen für Anlegerforderungenin der Bilanz 2014 gebildet hat.

Anlegeranwalt ist Initiator

Doch wie kommt die Behörde zu dieser Annahme? Der Tatverdacht gründet auf einer Sachverhaltsdarstellung, die der Anwalt Ulrich Salburg am 24. 8. 2015 an die Staatsanwaltschaft geschickt hat.

Für die Bank ist Salburg kein Unbekannter, vertritt er doch 5000 Anleger gegen die Bank, die laut seinen Angaben einen Schaden von 190 Mio. Euro geltend machen. Viele von ihnen haben ihre behaupteten Ansprüche noch nicht eingeklagt, sondern sich lediglich bei den strafrechtlichen Ermittlungen als Privatbeteiligte angeschlossen.

Doch in vielen Fällen ist strittig, ob diese Ansprüche nicht schon längst verjährt sind. Die Anwälte der Meinl Bank stehen auf dem Standpunkt, sie seien es. Salburg hingegen ist der Überzeugung, sie seien keineswegs verfristet.

In seiner Rechtsauffassung bestärkt fühlte sich der Anlegeranwalt offensichtlich durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 71/15g) von 27. Mai 2015. So sehr sogar, dass er sich Anfang Juli an die KPMG wandte, die damals noch mit der Prüfung des Jahresabschlusses der Meinl Bank beschäftigt war. In dem Brief vom 2. Juli 2015 (er liegt der „Presse“ vor) macht Salburg die KPMG auf die OGH-Entscheidung aufmerksam, die „klar bestätigt hat“, dass der Privatbeteiligtenanschluss die Verjährung der Anleger hemme.

Er weist die Abschlussprüfer darauf hin, dass die Bank seiner Meinung nach nur unzureichende Rückstellungen gebildet habe, zumal nach dem neuen OGH-Urteil klar sei, „dass das bisherige Argument der Meinl Bank, die Ansprüche wären verjährt und deshalb seien keine Rückstellungen zu bilden, nunmehr auf keinen Fall mehr aufrecht gehalten werden können“.

Im Gespräch mit der "Presse" erklärt Salburg: „Ich bin davon ausgegangen, dass die Abschlussprüfer entweder dafür sorgen, dass genügend hohe Rückstellungen gebildet werden oder sie – wenn die Bank das nicht tut – nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss 2014 erteilt.“

Doch das passierte nicht. Die KPMG erteilte trotzdem einen uneingeschränktes Testat, und zwar mit voller Überzeugung: „Wir haben bei der Prüfung des Jahresabschlusses der Meinl Bank AG, welche auch die Würdigung rechtlicher Sachverhalte umfasst, alle gesetzlichen und berufsrechtlichen Normen eingehalten. Bei komplexen Rechtsfragen erfolgt dies unter Beiziehung externer und unabhängiger Experten“, so die KPMG zur "Presse".

„Alles wird kriminalisiert“

Und Salburg machte wahr, was er in seinem Schreiben schon angekündigt hatte: Er informierte die Behörde von seinen Bedenken. Staatsanwalt Bernhard Löw leitete daraufhin prompt die Ermittlungen wegen Bilanzfälschung gegen Weinzierl und Weiss ein. Löw ist übrigensjener Staatsanwalt, der Anfang des Jahres gegen den Vorstand und den Aufsichtsrat der Meinl Bank nach jahrelangen Untersuchungen Anklage wegen Untreue erhoben hatte.

Bisher ohne Erfolg. Die Meinl Bank erhob nämlich gegen die Anklage Einspruch. Zurecht, wie das Oberlandesgericht feststellte: Die Suppe für eine Anklage sei zu dünn, ließ es die Staatsanwaltschaft wissen, weitere Sachaufklärung sei unumgänglich. Seitdem wird an einer erneuten Anklage gebastelt.

Grund genug für Bankvorstand Weinzierl in den neuen Ermittlungen die Retourkutsche für Löws Misserfolg zu sehen: „Nachdem ihm seine Anklageschrift vom OLG um die Ohren geworfen wurde, inkriminiert ein in der Sache unkundiger Staatsanwalt einen vom Wirtschaftsprüfer attestierten und der Finanzmarktaufsicht vorgelegten Jahresabschluss. Es kann doch nicht sein, dass alles, was wir nach den Regeln der Kunst und entsprechend objektiver Standards unternehmen, kriminalisiert wird.“

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, entgegnet: "Immer dann, wenn es einen Anfangsverdacht gibt, haben wir zu ermitteln."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2015)

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