Einkommensberichte: Leitl gegen Verschärfungen

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Leitl(c) APA/PHILIPP NADERER (PHILIPP NADERER)
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Verpflichtende Einkommensberichte und Gehaltsangaben in Stelleninseraten haben laut einer Studie wenig bewirkt. Die Frauenministerin will strengere Regeln, WKO-Chef Leitl warnt vor noch mehr Bürokratie.

Wien. Seit März 2011 müssen Arbeitgeber in Stelleninseraten Gehaltsangaben machen und, wenn sie dauerhaft mehr als 150 Mitarbeiter beschäftigen, Einkommensberichte erstellen. Beides soll Gehaltstransparenz bringen und die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen zu reduzieren helfen. Eine Anfang der Woche veröffentlichte Evaluierung, durchgeführt von Deloitte, Ifes und ÖSB Consulting, zeigte nun aber: Der Erfolg hält sich in Grenzen.

Zwar werden die Einkommensberichte flächendeckend umgesetzt, entsprechen aber meist nur den gesetzlichen Mindestanforderungen, und ein Großteil der Mitarbeiter in den betroffenen Betrieben ist nicht darüber informiert. Die Gehaltsangaben in Stellenanzeigen beschränken sich auf das kollektivvertragliche Mindestgehalt und den Standardsatz, dass Bereitschaft zu Überzahlung bestehe. Insgesamt hätten die Vorschriften das Thema Gehalt enttabuisiert, sonst aber wenig geändert, so das Resümee.

Gehälter aufschlüsseln?

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek möchte nun die Regeln verschärfen und legte ihre Vorschläge den Sozialpartnern vor: Einkommensberichte sollen schon ab 80 Mitarbeitern zu erstellen sein, die einzelnen Gehaltsbestandteile sollen darin aufgeschlüsselt und die Ergebnisse mit dem Betriebsrat diskutiert werden. In Stelleninseraten sollen künftig Bandbreiten mit Mindest- und erwartbarem Höchstgehalt angegeben werden. Arbeiterkammer und Gewerkschaften sollen ein Anzeigerecht bekommen.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl reagierte in einer ersten Stellungnahme ablehnend auf „noch mehr Bürokratie für Betriebe“. Die Daten, die der Evaluierung zugrunde liegen, hätten zudem bestätigt, dass etwaige Einkommensunterschiede eine Vielzahl von Gründen hätten – Berufswahl, Branche, Vorerfahrung, Karriereunterbrechungen.

Zum erforderlichen Maßnahmenbündel, um die Einkommensschere zu schließen, zählt Leitl ein besseres Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen, den Abbau von Stereotypen bei der Berufswahl und das Ermutigen von Frauen zur Karriere, aber auch das raschere Angleichen des Frauenpensionsalters.

ÖGB-Frauenchefin Renate Anderl sieht indes die Sinnhaftigkeit der Einkommensberichte bestätigt. Nötig seien mehr Vollzeitarbeitsplätze für Frauen – und ein Vollzeit-Mindestlohn von 1700 Euro.

Die Frauensprecherin der Grünen, Berivan Aslan, sagte, die Evaluierung bestätige, „was die Grünen seit Jahren anprangern“: Die Einkommensberichte seien wegen zu geringer Vorgaben, der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht der Betriebsräte und fehlender Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorschriften zahnlos. Ihr schwebt vor, dass Unternehmen und Betriebsrat bei Gehaltsunterschieden einen Aktionsplan erarbeiten müssen. Die Berichtspflicht solle außerdem ab 25 Mitarbeitern gelten. (APA/cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2015)

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