VW-Affäre: Schweiz verbietet Verkauf betroffener Autos

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GERMANY PROTEST VOLKSWAGEN APA/EPA/JULIAN STRATENSCHULTE
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Die Affäre um Abgasmanipulation bei VW weitet sich aus. Das lässt auch österreichische Zulieferbetriebe nicht kalt: Zahlreiche Jobs hängen von der Automobilindustrie ab.

Die Schweiz wird in der Abgas-Affäre aktiv: Als Sofortmaßnahme will der Bund den Verkauf der betroffenen VW-Konzernfahrzeuge vorübergehend verbieten. Zudem wird eine spezielle Arbeitsgruppe eingesetzt, wie das Bundesamt für Strassen (ASTRA) am Freitagabend mitteilte. In einer Mitteilung ist vom vorsorglichen Entzug der Typengenehmigung die Rede, berichtet "Tagesanzeiger.ch". Mit dieser Maßnahme verhindere man, dass weitere potenziell betroffene Fahrzeuge für den Schweizer Strassenverkehr zugelassen werden, schreibt die Behörde. Bereits zugelassene Fahrzeuge dürften jedoch weiterhin auf Schweizer Straßen rollen. Das Astra geht davon aus, dass in der Schweiz rund 180.000 Fahrzeuge potenziell betroffen sein könnten. EURO6-Motoren der laufenden Produktion seien nicht betroffen.

Allein in Deutschland 2,8 Mio. Fahrzeuge betroffen

Allein in Deutschland sind von den Manipulationen bei Abgasmessungen an Dieselwagen bei Volkswagen sind 2,8 Millionen Fahrzeuge in Deutschland betroffen. Das sagte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag im Deutschen Bundestag. Nach aktueller Kenntnis seien dies Fahrzeuge der 1,6- und 2-Liter-Diesel-Klasse. Es stehe aber auch zur Diskussion, dass zusätzlich 1,2-Liter-Fahrzeuge betroffen seien. Zahlen zu Österreich konnte der Importeur Porsche Austria heute Nachmittag auf APA-Anfrage noch nicht nennen. Volkswagen hatte bereits Manipulationen an rund elf Millionen Fahrzeugen weltweit eingeräumt. Seit Kurzem ist bekannt, dass im Einzelnen auch der europäische Markt betroffen ist. Kürzlich wurde auch bekannt dass Klein-Lkw betroffen sind.

Unruhe in Österreichs Branche

APA

Die Abgasmanipulationen sorgen auch in Österreich für Unruhe in der Branche. Die Autoindustrie blickt besorgt nach Deutschland, es stellt sich die Frage, ob auch andere Hersteller getrickst haben. Hierzulande hängen zahlreiche Arbeitsplätze von der Automobilindustrie ab. Entsprechend vorsichtig agieren die Firmen, mit Äußerungen hält man sich zurück. "Wir haben den Beschluss gefasst, neutral zu bleiben und keine Stellungnahme abzugeben", sagte der Pressesprecher des Grazer Motorenkonzern AVL List, Michael Ksela, am Freitag zur APA.

Auch der oberösterreichische börsennotierte Zulieferer Polytec äußert sich zu dem Skandal bei VW vorerst nicht. Das Thema sei noch zu frisch. An der Wiener Börse war der Polytec-Aktienkurs zu Wochenbeginn von 7,55 Euro auf bis zu 6,40 Euro hinuntergerasselt. Mittlerweile hat sich der Kurs wieder etwas erholt und liegt aktuell bei 6,91 Euro pro Aktie. Mit weltweit rund 3700 Mitarbeitern liefert Polytec Fahrzeugkomponenten für Kunden wie VW, BMW, Audi, General Motors, Ford oder Daimler.

Auch der austrokanadische Magna-Konzern, der in Graz um die zehntausend Mitarbeiter beschäftigt, bat um Verständnis, dass man zu Kunden keinen Kommentar abgebe, wie Pressesprecher Rej Husetovic erklärte.

AVL: Von Stückzahlen nicht abhängig

Falls sich der Skandal um Abgasmanipulationen ausweitet, würde das die Autobranche und somit auch die österreichischen Firmen empfindlich treffen. AVL-List-Sprecher Ksela gibt sich dennoch gelassen. Als in der Entwicklung tätiges Unternehmen sei man von Stückzahlen nicht abhängig. Für AVL List erwarte er daher keine Auswirkungen, hingegen Unternehmen, die nur Autoteile produzieren, könnten die Krise schon zu spüren bekommen. AVL List hat global rund 7.500 Mitarbeiter, davon 3.220 in Graz.

Auch der deutsche Technikkonzern und Autozulieferer Bosch ist in Österreich mit mehr als 2800 Mitarbeitern an 14 Standorten stark vertreten. Zum Abgasskandal und dessen Auswirkungen auf Österreich darf die Wiener Pressestelle keine Auskunft geben, die Kommunikation zur Krise laufe ausschließlich über Stuttgart, hieß es auf APA-Anfrage. Dort wird betont, es gehe nicht um ein "prinzipielles Diesel-Problem". Laut Firmenwebseite beschäftigt sich Bosch unter anderem in Hallein, Linz und Wien mit Dieselmotoren. Während es in Hallein um Dieselantriebe für Züge und Schiffe geht, werden in Wien neue Steuerlösungen für Motoren entwickelt.

Bosch: "Verantwortung liegt bei VW"

Bosch hat laut Reuters die Technik zur Abgasnachbehandlung für die von der Abgas-Affäre betroffenen Volkswagen-Modelle geliefert. Eine Mitschuld weist das Unternehmen allerdings von sich: "Die Verantwortung für Applikation und Integration der Komponenten liegt bei VW", sagte ein Bosch-Sprecher in Deutschland. Die gelieferten Komponenten seien Standardteile, darunter auch ein "Förder- und Dosiermodul" zur Abgasnachbehandlung, sagte der Sprecher. "Wir fertigen die Komponenten nach Spezifikation von Volkswagen."

Autoland Österreich

In Österreich setzt die Fahrzeugindustrie nach Angaben der Wirtschaftskammer jährlich rund 40 Mrd. Euro um. Sie umfasst an die 700 Betriebe, darunter Großunternehmen wie Magna, BMW Motoren, MAN, AVL List, Bosch, Miba, ATB, Schaeffler, Opel oder Hirschmann. Laut der Austrian Automotive Association (aaa) sind 175.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom automotiven Sektor abhängig. Das "Autoland Österreich" hat seine Wurzeln unter anderem in den Steyr-Werken.

(APA/sda)

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