Wien profitiert von Streit bei Lufthansa

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Die AUA wird zwar doch nicht wie geplant zwei Maschinen der Lufthansa-Billigtochter Eurowings betreiben. Sie soll stattdessen jedoch zwei zusätzliche eigene Flugzeuge bekommen. Der Betriebsrat fühlt sich dennoch „belogen“.

Wien. Die Auslagerung der neuen Lufthansa-Billig-Tochter Eurowings nach Wien und der geplante Betrieb von zwei Maschinen durch – gegenüber der Lufthansa um rund 20 Prozent günstigere – AUA-Crews sorgt bereits seit längerem für großen Ärger bei den Arbeitnehmervertretern der Lufthansa-Piloten. Wie berichtet rief die deutsche Pilotengewerkschaft Cockpit erst Anfang September mit – unter anderem – Verweis darauf zu einem Streik auf. Dieser wurde von einem Gericht zwar nach zwei Tagen untersagt, weil die versuchte Einflussnahme auf das Billigkonzept des Konzerns nicht Teil von Tarifverhandlungen sei. Dennoch ist das Thema in den stockenden Verhandlungen weiterhin ein heißes Eisen.

Nun macht die Lufthansa vordergründig einen Schritt auf die deutsche Gewerkschaft zu. Die sogenannte Bereederung der Eurowings-Maschinen durch die AUA wurde abgesagt, wie die AUA am Freitag per Aussendung mitteilte. Die entsprechenden Pilotenschulungen, die in diesen Tagen beginnen hätten sollen, wurden bereits abgesagt. Eurowings wird selbst Personal aufnehmen, um die Flugzeuge zu betreiben. Die Gehälter dürften dabei zwar ebenfalls unter jenen der Lufthansa liegen. Allerdings werden aller Voraussicht nach die Verträge in Österreich nun jenen von in Deutschland angestellten Eurowings-Piloten gleichen. Und auf letztere dürften die deutschen Gewerkschafter wiederum eher Einfluss nehmen können.

Auf den ersten Blick scheint dies wie ein Nachgeben der Lufthansa-Führung gegenüber der deutschen Piloten-Gewerkschaft. Allerdings beinhaltet es eine bittere Pille, die für Wien einen Vorteil bringt. So soll die AUA im Gegenzug ab dem Sommerflugplan nämlich selbst zwei weitere Flugzeuge vom Typ Airbus A320 erhalten. Diese Maschinen werden entweder direkt von der Mutter Lufthansa kommen oder neu angeschafft werden. Sie sollen auf Frequenzen zwischen Österreich und Deutschland (also beispielsweise Wien-Frankfurt oder Wien-München) eingesetzt werden. Gibt es genügend Nachfrage, kann dies zusätzlich zu den bestehenden Flügen sein, heißt es bei der AUA. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass die AUA so bisherige Lufthansa-Flüge ersetzt.

Widerstand von deutscher Gewerkschaftsseite gegen diesen Plan erwartet man sich bei der AUA nicht. Grund dafür ist, dass die Aufteilung der Flüge zwischen Deutschland und Österreich vertraglich zwischen AUA und Lufthansa in Quoten festgeschrieben ist. Und die AUA füllt ihre Quote dabei bisher nicht aus. Die Aufnahme des Flugverkehrs durch zwei weitere rot-weiß-rote Maschinen sei daher rechtlich nicht angreifbar.

Beschlüsse in Gremien fehlen noch

Allerdings ist bisher nur der erste Teil dieser neuen Strategie – der Verzicht der Bereederung der Eurowings-Maschinen durch die AUA – fix. Für den zweiten Teil gibt es zwar eine Übereinkunft zwischen Lufthansa-Vorstandsvorsitzenden Carsten Spohr und dem im Sommer angetretenen neuen AUA-Chef Kay Kratky. Die Beschlüsse der Gremien stehen aber noch aus. Diese sind auch davon abhängig, ob die Maschinen neu angeschafft werden, oder von der Lufthansa kommen. Im letzteren Fall müsste sich nämlich der Lufthansa-Aufsichtsrat nicht damit befassen, in dem laut deutschem Recht ja die Arbeitnehmervertreter eine wichtige Rolle spielen.

Nicht zuletzt die fehlenden Gremialbeschlüsse sorgten aber dafür, dass sich auch der heimische Betriebsrat am Freitag äußerst verärgert über den Strategie-Schwenk zeigte. Durch die Absage der Bereederung der Eurowings-Flugzeuge durch die AUA komme es zu einer „Unterwanderung der Sozial- und Kollektivvertragsstandards der AUA durch die Lufthansa-Billigfliegerfirma Eurowings“. Der AUA sei ein „Kuckucksei“ untergejubelt worden, so AUA-Bordbetriebsratschef Karl Minhard in einer Aussendung. Man fühle sich durch Lufthansa-Führung „belogen“.

Für die Passagiere von AUA und Eurowings ändert sich durch den Strategiewechsel nichts. Wie geplant soll die Billigtochter ab November ihren Flugbetrieb von Wien aus aufnehmen. Am Flugplan stehen unter anderem London Stansted, Barcelona oder Mallorca. Und auch Flüge nach Deutschland dürften sich für die Passagiere kaum ändern – statt in Lufthansa-Flugzeugen werden sie halt häufiger in AUA-Flugzeugen ihren Sitzplatz einnehmen.

In Wien dürften so aber rund 30 neue Jobs für Piloten und 60 neue Jobs für Flugbegleiter geschaffen werden. Denn so viel Personal wird in der Regel für die zwei zusätzlichen Flugzeuge benötigt. Die für die geplante Bereederung von Eurowings bereits bei der AUA aufgenommenen Piloten seien bis zur Ankunft der neuen Flugzeuge nicht überzählig, heißt es. Aufgrund der internen Umstrukturierungen sei die Personaldecke derzeit ohnehin eher angespannt. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2015)

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