Pflanzen als Schutz vor Burn-out

Petra Köck zwischen ihren Pflanzen im siebten Bezirk. Eine andere Farbe als Grün ist in ihrem Schauraum kaum zu finden.
Petra Köck zwischen ihren Pflanzen im siebten Bezirk. Eine andere Farbe als Grün ist in ihrem Schauraum kaum zu finden.Die Presse
  • Drucken

Petra Köck setzt Pflanzen ins Büro, auf Wände und Dächern. Dort sollen sie sich positiv auf Psyche und (Raum-)Klima auswirken. Doch neue Lichtverhältnisse schaffen Probleme.

Wer Petra Köck in ihrem Reich in der Schottenfeldgasse im siebten Bezirk besucht, dem fällt zuerst eines auf: In dem Raum ist alles grün. Farne, Ficusarten, Philodendron, Bonsai und zig weitere Pflanzen begrüßen einen, wenn man den dschungelähnlichen Schauraum betritt. Was nicht ganz unlogisch ist, immerhin betreibt Petra Köck eine Innenraumbegrünungsfirma in dritter Generation. Aber müssen deswegen wirklich nur Grünpflanzen in ihrem Schauraum zu finden sein? Ja, es muss so sein, sagt sie wenig später und ihre Augen blicken erklärend hinter der dünn gerahmten Brille hervor. Abgefallene Blütenblätter verursachen nämlich Mist – „und das wollen sie für ein Büro nicht“.

Auch halten sich Blütenpflanzen wie Pelargonien nicht sehr lang. Zumindest nicht für ihr Zeitverständnis. Köcks Raumbegrünungen sind für zehn Jahre angelegt. Dafür müssen die Pflanzen robust sein. Empfindliche Blumen wie Rosen kommen daher keinesfalls infrage. Anders sei das freilich, wenn sie einen Wintergarten begrüne, fügt sie hinzu. Im Übrigen würden auch Pflanzen blühen. „Aber kurz und es wird Ihnen nicht gefallen“, sagt sie. Zu klein sind die Blätter, ihre Blüten nicht schön. Ihr Zweck ist ohnehin ein anderer: ein gutes Raumklima zu schaffen.

Seit über 100 Jahren gibt es die Firma Ammon nun und ihr Geschäftsfeld hat wenig an Aktualität verloren, eher noch gewonnen. Grüne Innenräume, grüne Wände, Dachbegrünungen, grüne Hausfassaden heißen die Schlagwörter, die im Rahmen jedes Stadtentwicklungssymposiums genannt werden. Die Stadt muss sich vorbereiten: auf den Klimawandel, auf mehr Menschen, auf geänderte Bedingungen.

Pflanzen und Bäume werden dabei gern als Lösung gesehen. Sie sollen Hitzeinseln in der Stadt abschwächen und das Regenwasser so weit auffangen, dass es langsamer in den Kanal fließt. Auf drei Vierteln der Wiener Dächer könnte man schon jetzt ein grünes Dach errichten, sagt Köck. Auch Bäume sind auf Dächern möglich. In Mailand wurden im Vorjahr zwei Hochhäuser mit Bäumen, Hecken und Sträuchern bepflanzt. Köck hat davon ein Video auf dem Computer.

Woran scheitert es dann oft? An der Pflege, meint Köck und sagt einen Satz, den sie später immer wieder wiederholen wird: „Pflanzen sind Lebewesen und die müssen betreut werden.“ Heißt, auch wenn die Pflanzen auf dem Dach von sich auch gut zurechtkommen, brauchen sie Aufmerksamkeit. Jedes Halbjahr Dünger, die Abflüsse müssen kontrolliert werden und auch regelmäßiges Gießen kann notwendig sein – sollte es eine Hitzewelle wie diesen Sommer geben.

Die richtige Pflege ist auch ein Thema bei der Begrünung von Büros. Solche Aufträge machen 90 Prozent ihrer Arbeit aus. Wobei die Pflanzen selbst nicht unbedingt ein günstiges Klima im Büro vorfinden. 60 bis 70 Prozent Luftfeuchtigkeit brauchen sie in der Regel, um gut überleben zu können. In einem Büro hat es 20 bis 30 Prozent.

Bogenhanf wieder gefragt. Das lässt Köck schlussendlich mit einer überschaubaren Anzahl an Pflanzen arbeiten, die diesen Anforderungen gewachsen sind. Palmen, Philodendron, Drachenbäume und seit Neuestem wieder Schwiegermutterzungen, auch bekannt als Bogenhanf. „Eine Zeit lang konnte die niemand mehr sehen“, sagt sie.

Denn auch die Raumbegrünung hat sich über die Jahre verändert. Vor allem seit sich Köcks Vater 1996 auf die Innenraumbegrünung spezialisiert hat. Davor war die Firma ein Floristikbetrieb. Gab es früher den Hang, drei verschiedene Pflanzen in einen Topf zu stellen, werde jetzt nach einer schönen, dekorativen Pflanze verlangt, sagt sie. Überhaupt hätte sich der Wert der Pflanzen verändert. Sie werden – Stichwort Urban Gardening – wieder mehr geschätzt. Das Naturbewusstsein ist größer geworden. Ebenso das Angebot. Gefäße für Pflanzen gibt es mittlerweile aus jedem Material: aus Glas, Holz, jeder Art von Ton und Stein. Bis zu 1000 Euro kann ein Gefäß kosten, wenn es etwa aus einer einzigen Muschel gemacht ist.

Neue Entwicklungen sind auch ganze Pflanzenlandschaften, die als Ruheoasen für Mitarbeiter entwickelt werden. Überhaupt stehe das Wohl der Mitarbeiter im Büro mehr im Fokus als früher. Und meistens, sagt Köck, verteidigen die Mitarbeiter auch jedes Blatt. Weil Pflanzen eben zur psychologischen Entspannung beitragen. „Sie sind die Ersten, die ein Burn-out abwehren können.“

Pflege wichtig. Wenn sie eben die richtige Pflege erhalten. Wasser zur richtigen Zeit, Rückschnitt und auch den optimalen Standort. Zu Köcks Firma zählen auch noch vier Außendienstmitarbeiter, die im Nachhinein die Pflege der Pflanzen übernehmen.

Sie selbst wusste übrigens schon früh, dass sie mit Pflanzen arbeiten wollte, wenn auch nicht als Floristin. „Mit Blumen umgehen konnte ich schon als kleines Kind, ich wollte etwas Neues lernen“, sagt sie. Auch haben sie abgeschnittene Blumen in der Vase nie interessiert. Wie Pflanzen funktionieren, allerdings schon.

In welchem Umfeld Pflanzen leben können, ist im Übrigen wichtiger denn je zu wissen. Ausgerechnet die neuen LED-Lampen können Probleme verursachen. Pflanzen brauchen nämlich eine gewisse Wellenlänge beim Licht, um die Photosynthese starten zu können. Und nicht jede LED-Lampe erzeugt die richtigen Wellen. Also kann es passieren, dass an einem gut beleuchteten Ort keine Pflanzen wachsen können. Das sei oft schwierig, den Kunden zu erklären, sagt Köck. So wie zu wenig Licht generell ein Problem sei, mit dem sich Innenraumbegrüner herumschlagen müssen.

Oft, sagt Köck, seien nämlich Büros falsch eingerichtet. Die Schreibtische sind beim Fenster. Die Menschen dunkeln diese ab, um auf dem Bildschirm etwas sehen zu können. Während die Pflanzen in der Mitte des Raumes dadurch leiden. Dabei wäre es umgekehrt doch viel schlauer. Für beide Seiten.

InnenRaum- begrünung

1913 wurde die Firma Ammon gegründet. Damals noch als Floristikbetrieb.

1996 spezialisierte sie sich auf Innenraumbegrünung. Heute machen Bürobegrünungen 90 Prozent des Geschäftsfeldes der Firma Ammon aus.

Seit 2012 bietet die Firma auch Dachbegrünungen an. Ein Thema, das gerade im Zuge der Stadtentwicklung sehr aktuell ist. ammon.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.