Volkswirtschaft: IV für Reduktion des Föderalismus

IV-Präsident Kapsch sieht beim heimischen Föderalismus eine Schieflage.
IV-Präsident Kapsch sieht beim heimischen Föderalismus eine Schieflage.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Um die Lohnnebenkosten senken zu können, brauche es Einsparungen bei föderalen Strukturen, so IV-Präsident Kapsch.

Wien. Es ist keine neue Forderung von Wirtschaftsvertretern, aber es ist eine immer aktuelle Forderung ebendieser: Die Lohnnebenkosten in Österreich müssten gesenkt werden. „Die Arbeitskosten sind einfach zu hoch. In Österreich sind sie seit dem Jahr 2008 um 22 Prozent gestiegen, in Deutschland lediglich um zwölf Prozent“, erneuert Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten das jahrelange Mantra der heimischen Arbeitgebervertreter.

Konkret hätte die IV gerne eine Senkung der Lohnnebenkosten um zwei Mrd. Euro. Eine Milliarde davon kurzfristig, eine Milliarde mittelfristig – etwa bis 2018. Eine Forderung, für die es auch Unterstützung bei den Arbeitnehmervertretern gebe, so Kapsch. Denn diese wüssten, dass die hohe Belastung der Nettolöhne durch Nebenkosten im Endeffekt auch zulasten der Arbeiter und Angestellten gehe. Und selbst in der Politik signalisiere man Verständnis. Allerdings gibt es dort natürlich das Thema der Gegenfinanzierung.

Auch hier hat der IV-Präsident bereits klare Vorstellungen. „Konkret könnte etwa der Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds um einen Prozentpunkt reduziert werden“, sagt Kapsch. Das brächte eine Milliarde Euro und wäre für den Fonds mittelfristig verkraftbar, da er höhere Einnahmen als Ausgaben erzielt und demnächst auch seine Verluste aus der Vergangenheit ausgeglichen hat. Die zweite Milliarde müsste jedoch über Einsparungen finanziert werden. Und hier gibt es laut Kapsch vor allem beim Föderalismus einiges zu holen. So könnte man rund 1,5 Prozent des BIPs einsparen, wenn alle Gebietskörperschaften auf dem Effizienzniveau des jeweils Besten wären. „Innsbruck hat doppelt so viele Einwohner wie St. Pölten. Dennoch hat es beinahe nur die Hälfte der Beamten. Warum ist das so?“

Darüber hinaus könnte man auch darüber nachdenken, eine ganze Verwaltungsebene zu streichen. „Wir haben zu viele Ebenen und auch zu viele Gemeinden. Wären alle Bezirke so groß wie Liezen, der größte Bezirk Österreichs, dann könnten wir die Zahl der Bezirke auf ein Drittel reduzieren.“

Dass Einsparungen beim Föderalismus bislang am Veto der Länder gescheitert sind, ficht Kapsch dabei nicht an. Die Landeshauptleute sollten den Reformen im Föderalismus aus „staatspolitischer Räson“ zustimmen. „Entweder man hat ein wirklich föderales System, wie in der Schweiz, oder einen Zentralstaat. Unser Mischsystem mit einem Finanzausgleich ist jedoch Unsinn“, sagt Kapsch.

Industrie springt Banken bei

Neben der Höhe der Lohnnebenkosten bereitet noch ein zweites Thema dem IV-Präsidenten Kopfzerbrechen, und zwar die heimische Bankenabgabe, die in Relation zehnmal so hoch wie jene in Deutschland ist. „Auch wenn wir keine Banker sind, sind wir für die Abschaffung der Bankenabgabe“, sagt Kapsch. Wenn das – etwa aus budgetären Gründen – nicht möglich ist, dann sollte sie zumindest mit den Zahlungen für die ab dem kommenden Jahr zu füllenden Fonds für die nationale Einlagensicherung sowie die europäische Bankenabwicklung gegengerechnet werden können.

Geschieht das nicht, könnten die österreichischen Banken ein Problem mit ihrer Refinanzierung bekommen. Dies würde dazu führen, dass kleine und mittlere Unternehmen, die selbst nicht an den Kapitalmarkt gehen können, von internationalen Großbanken abhängig werden. „Und das ist ein Problem“, sagt Kapsch.

Sollte die Konjunktur anspringen, könnte es dann nämlich sogar zu einer wirklichen Kreditklemme kommen, wenn den Banken von der Politik weiterhin Geld entzogen wird und die Kapitalvorschriften innerhalb der EU weiter verschärft werden. „Man kann gerne sagen, dass die Banken böse sind und zahlen sollen. Dann muss man aber auch dazusagen, was das für Folgen hat.“ (jaz)

Lexikon: Bankenabgabe

Fast 600 Mio. Euro zahlen Österreichs Banken pro Jahr an Bankenabgabe. Die Abgabe wurde nach der Finanzkrise eingeführt. Im zehnmal so großen Deutschland zahlen die Banken mit etwas mehr als 500 Mio. Euro in absoluten Zahlen etwa genauso viel. Zudem errechnet sich die deutsche Abgabe nach dem Ertrag, die heimische nach der Bilanzsumme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2015)

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