"Verbreitung linker Ideologie": Weniger Geld für Wifo

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WIFO (c) APA (Helmut Fohringer)
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Raiffeisen und Industrie wollen dem Wifo weniger Geld zukommen lassen. Denn sie meinen, dass sie damit die "Verbreitung linker Ideologie" finanzieren würden. Bisher war finanzieller Druck auf Forscher tabu.

Wien. Den Gürtel enger schnallen – das ist angesichts der konjunkturell betrüblichen Zeiten generell üblich und durchaus angebracht. Wer wüsste das nicht besser als Wirtschaftsforscher Karl Aiginger? Jetzt trifft es auch das Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo), dessen Chef Aiginger ist. Allerdings: Mit der Wirtschaftskrise hat das absolut nichts zu tun. Dem Wifo kommen zusehends Finanziers abhanden – weil diese beim Wifo offenbar politische Objektivität vermissen.

Schwerer Schlag für das Institut

Die Industriellenvereinigung wird ihren jährlichen Beitrag an das Wifo drastisch zusammenstutzen. Wie mehrere namhafte Mitglieder der Interessenvertretung der „Presse“ berichten, wird ein entsprechender Beschluss des Präsidiums um IV-Chef Veit Sorger in wenigen Tagen erfolgen. In den vergangenen Wochen habe es unter den Mitgliedern einen regelrechten Aufruhr zum Thema Wifo-Finanzierung gegeben. Tenor: „Warum finanzieren wir die Verbreitung von linker Ideologie durch das Wifo überhaupt noch?“

235.000 Euro pro Jahr bisher

Jetzt beugt sich die Interessenvertretung dem Willen ihrer Mitglieder. Die Industriellenvereinigung verweigerte gestern aber jeden Kommentar zu der Angelegenheit. Bisher hat die IV das Wifo mit 235.000 Euro jährlich unterstützt. Mehr Geld kommt nur noch von der Nationalbank (1,7 Mio. Euro), der Arbeiterkammer (608.000 Euro), der Wirtschaftskammer (606.000 Euro) und dem ÖGB (552.000 Euro). Größter Geldgeber ist mit Abstand das Finanzministerium, das im vergangenen Jahr 3,4 Mio. Euro an das Wifo überwies. Allerdings: Vom Finanzminister hat Aiginger für heuer einen spürbar höheren Beitrag eingefordert, der Wunsch wurde allerdings abgeschmettert.

Druck auf Forscher bisher tabu

Offenbar sind die Wifo-Finanziers mit dem Institut äußerst unzufrieden – wiewohl offiziell niemand etwas dazu sagen will. Die Sache ist auch denkbar delikat: Finanziellen Druck auf Wirtschaftsforscher auszuüben, galt immer schon als No-go. Mit den großzügigen und politisch breit gestreuten Donationen soll denn auch politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit und Objektivität des Wirtschaftsforschungsinstituts gewährleistet werden.

Kritik am Wifo-Chef

Gerade bei der Unabhängigkeit hapert es jedoch, meinen neuerdings einige Finanziers – Finanziers aus der „schwarzen“ Reichshälfte: Wifo-Chef Aiginger habe seine Mitarbeiter schlichtweg nicht mehr im Griff, wird kritisiert. Vor allem die prononciert „roten“ Wifo-Experten Margit Schratzenstaller, Stephan Schulmeister und Markus Marterbauer würden sich in der Öffentlichkeit ständig zu Wort melden – mit politisch eindeutigen Botschaften.

Das Fass zum Überlaufen brachte allerdings (der frühere SPÖ-Kandidat für den Nationalrat) Markus Marterbauer, als er vor wenigen Wochen in einer Pressekonferenz mit dem steirischen SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves für die Einführung einer „Reichensteuer“ argumentierte. Aiginger nahm Marterbauer jedenfalls demonstrativ in Schutz: „Wir haben strenge Regeln im Haus“, sagte er der „Presse“. „Mitarbeiter können sich durchaus politisch engagieren. Sie müssen nur dazu sagen, dass es sich um ihre persönliche Meinung und nicht um den Standpunkt des Wifo handelt.“

Politik mit „wissenschaftlichem Touch“

Eine Argumentation, der nicht alle Wifo-Finanziers folgen können: Die Wifo-Mitarbeiter würden allein kraft ihrer Prominenz von der Öffentlichkeit mit dem Wifo in Zusammenhang gebracht werden. Und damit würde beispielsweise der Forderung nach einer „Reichensteuer“ automatisch ein „wissenschaftlicher Touch“ gegeben.

Für das Wifo wird die Sache jedenfalls schön langsam problematisch – aus finanzieller und imagepolitischer Sicht: Nicht nur das Finanzministerium und die Industriellenvereinigung halten sich beim Geldfluss an das Wifo zurück. Raiffeisen hat schon vor Wochen die Zahlungen an das Wifo gänzlich eingestellt. Die Finanzierung des Wifo könne in den Gremien nicht mehr gerechtfertigt werden, wurde der „Presse“ inoffiziell mitgeteilt. Ein verschmerzbarer Verlust für das Wifo, Raiffeisen hatte nur 74.000 Euro gezahlt. Doch der Stein war damit wohl ins Rollen gebracht worden.

(Die Presse, Printausgabe, 6. 6. 2009)

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