U-Ausschuss, Kapitel I geschlossen

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Der Untersuchungsausschuss lieferte bisher Einsicht in das Versagen von Bankorganen, staatlicher Aufsicht und Politik - und zeigte auf, wie der Kriminalfall Hypo im Detail funktionierte.

Wien. Der erste Abschnitt des Hypo-Untersuchungsausschusses, die Phase bis zum Verkauf der Bank an die BayernLB, ist abgeschlossen. Die Ergebnisse der achtmonatigen Untersuchung im Parlament sind zwar nicht spektakulär, einige wichtige Erkenntnisse konnten aber doch getroffen werden.

1 Einblicke in den Kriminalfall Hypo Alpe Adria

Wie kam der Schaden von rund fünfzehn Milliarden Euro zustande? Das aufzuarbeiten war nicht Aufgabe des U-Ausschusses. Anhand einiger exemplarischer Fälle wurde das aber doch gemacht. Am Beispiel des Projekts Hilltop: Die Hypo finanzierte den Kauf einer Liegenschaft in Kroatien um 4,3 Millionen Euro. Kurze Zeit später kaufte die Hypo-Tochter Consultants das Grünland, auf dem ein Hotelprojekt realisiert werden sollte, um 37,2 Millionen Euro. Abgesichert durch ein Gutachten, bei dem dem Gutachter das Ergebnis bereits vorgegeben wurde. Das Resultat: ein Totalausfall, das Projekt wurde nie realisiert. Profitiert haben Kreise mit engen Verbindungen in die kroatische Innenpolitik. Das ist kein Einzelfall: Zahlreiche Kredite flossen in dubiose Kanäle.

2 Die Aufsichtsorgane derBank haben versagt

Offenkundig ist das Versagen der Organe der Bank selbst: Kreditfälle wie der oben beschriebene wurden im Aufsichtsrat einfach durchgewinkt. Da kam es schon vor, dass im Kreditausschuss 400 Millionen Euro innerhalb von 20 Minuten abgehandelt wurden. Kritische Fragen? Fehlanzeige. Dazu kommt eine willfährige interne Revision, die ihre Aufgaben nicht erfüllt hat. Aber auch die Wirtschaftsprüfer müssen sich schwere Vorwürfe machen lassen: Dass im Jahr 2009 bei einer Asset-Prüfung innerhalb weniger Monate ein Wertberichtigungsbedarf von zwei Milliarden Euro entsteht, kann nicht nur auf die Wirtschaftskrise zurückgeführt werden.

3 Die staatliche Aufsicht hat viel gewusst – und weggeschaut

Die Prüfer der Nationalbank haben durchaus kritische Berichte verfasst: Sie wussten schon damals viel von dem, was heute allgemein bekannt ist. So vor allem, dass das Risikomanagement der Bank völlig unzureichend war. Konsequenzen blieben aber aus. Weder wurde vertiefend in Einzelfällen weitergeprüft (sonst wäre das wahre Ausmaß des Schadens viel früher bekannt geworden) noch das rechtliche Instrumentarium ausgenutzt. Maximal gab es „Managementgespräche“, in denen dem Vorstand gut zugeredet wurde, die Probleme doch abzustellen. Nicht einmal, als ein Wirtschaftsprüfer der Nationalbank über den Verdacht von kriminellen Aktivitäten des Vorstands berichtete – was an sich ein einmaliger Vorgang ist –, gab es Konsequenzen.

4 Unvereinbarkeiten – ein Kärntner Sittenbild

Ein Landesrat, der für die Hypo zuständig ist und danach einen lukrativen Konsulentenvertrag bei einer Hypo-Tochter erhält; ein Leiter der Hypo-Rechtsabteilung, der im Nebenjob Vorstand der Landesholding wird und damit den Bankvorstand kontrollieren soll, dem er gleichzeitig weisungsgebunden ist; ein Aufsichtsratschef der Landesholding, der seiner eigenen Steuerberatungsfirma Aufträge zuschanzt: Der U-Ausschuss lieferte zahlreiche Beispiele aus einem Kärntner Sittenbild.

5 Politische Interventionen waren erfolgreich

Als Bankchef Wolfgang Kulterer nach Auffliegen der Swap-Verluste abgesetzt werden sollte, warf der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider sein gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale: Er machte nicht nur öffentlich Druck auf die Finanzmarktaufsicht (FMA), sondern intervenierte auch bei Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Das führte dazu, dass das Finanzministerium ein Verfahren zur Absetzung der FMA-Chefs einleitete – und zwar entgegen der Empfehlung der Rechtsabteilung im Ministerium, lediglich eine Stellungnahme der FMA-Vorstände zu den Vorwürfen aus Kärnten einzuholen.

6 Mit den Landeshaftungen wurde fahrlässig umgegangen

Landeshaftungen wurden von der Landespolitik weitgehend als Einnahmequelle gesehen, nicht als Risiko. Selbst der Rechnungshof widmete sich damals nur der Haftungsprovision und nicht den Gefahren, die dem Land daraus erwuchsen. Dass mit den unbegrenzten Haftungen die Verpflichtung verbunden gewesen wäre, als Eigentümer auf eine Begrenzung des Risikos zu achten, wurde von den Entscheidungsträgern, in dem Fall den freiheitlichen Finanzreferenten, die im Hypo-Aufsichtsrat saßen, ignoriert.

7 Verfassungsgerichtshof stellt sich hinter den U-Ausschuss

Die neuen Verfahrensregeln haben keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf den Schutz von Auskunftspersonen gebracht. Als hilfreich für den U-Ausschuss hat sich die Einschaltung des Verfassungsgerichtshofs als Streitschlichtungsinstanz erwiesen: Der hat die Unsitte abgestellt, dass Behörden geschwärzte und damit weitgehend wertlose Unterlagen vorlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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