Studie: Verloren im Steuerdickicht

Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Nur in wenigen Ländern müssen Firmen mehr Steuern und Abgaben zahlen als in Österreich. Die Steuerreform hilft da nichts. Sie macht ihnen Steuerzahlen sogar mühsamer.

Wien. Wer in Österreich arbeitet, weiß: Bis zur Hälfte seines Einkommens kann er gleich wieder vergessen. Aber nicht nur Arbeitnehmer, auch Unternehmen müssen hierzulande – trotz niedriger Körperschaftsteuern – deutlich mehr Abgaben bezahlen und sich länger damit plagen als in den meisten europäischen Staaten. Und die jüngste Steuerreform hat das noch verschlimmert. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Steuerstudie „Paying Taxes 2016“, die vom Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Weltbankgruppe erstellt wurde.

Die Autoren haben darin ein Musterunternehmen konstruiert und errechnet, wie viele Steuern und Abgaben dieses in jedem Land bezahlen müsste – und wie viele Stunden es mit der Bearbeitung und Erstellung der Unterlagen beschäftigt wäre. Österreich rutscht in dem Ranking um zwei Plätze auf den wenig ruhmreichen 74. Rang unter 189 untersuchten Ländern ab.

Mit den globalen Spitzenreitern Katar, den Arabischen Emiraten, Hongkong oder Singapur vergleicht man sich hierzulande nicht gern. Schließlich haben diese Staaten kein vergleichbares Sozialsystem zu finanzieren, auf das die Österreicher wiederum kaum verzichten wollen. Aber auch im Vergleich zu anderen europäischen Wohlfahrtsstaaten schneidet Österreich schlecht ab. Achtet ein Unternehmer auf seine Steuerlast, findet er in der EU 25 Länder, die ihm „freundlicher“ gesinnt sind als Österreich.

51,7 Prozent des Gewinns an den Staat

„Das ist natürlich kein positives Signal“, sagt Rudolf Krickl, Partner bei PwC-Österreich zur „Presse“. Mit einer gesamten Steuerbelastung von 51,7 Prozent (eingerechnet wird alles von der Lohnsteuer über die Müllgebühren bis zur Kfz-Steuer) liegt das Land klar über dem Schnitt der europäischen Staaten. Diese fordern durchschnittlich 40,6 Prozent des Unternehmensgewinns an Steuern.

Aber nicht nur die Abgabenlast steigt, auch der Zeitaufwand für die Unternehmen geht zunehmend nach oben. „Die Steuergesetze werden immer komplexer“, sagt Krickl. Die Vorschriften und Dokumentationspflichten nähmen zu, viele neue – teils widersprüchliche – Vorgaben würden eingeführt. „Selbst wenn man versucht, gesetzestreu zu sein, gibt es keine Garantie mehr.“ In Summe ist ein mittelgroßes Unternehmen in Österreich rund 166 Stunden im Jahr mit der Aufbereitung von Unterlagen für die Finanz beschäftigt.

Gewinnsteuern nur ein kleiner Posten

Auch die Steuerreform, die Anfang kommenden Jahres in Kraft tritt, hat das Ihre dazu beigetragen. Für Arbeitnehmer bringt die rund fünf Milliarden Euro teure Tarifreform zwar eine vorübergehende Entlastung. Für Unternehmen wird es dadurch jedoch nicht unbedingt einfacher. Die heiß umkämpften Registrierkassen beschäftigen vor allem kleinere Unternehmen. Konzerne oder größere Familienbetriebe mit mehreren Unternehmen plagen indes ganz andere Sorgen. Etwa die Frage, zu welchem Preis sie sich Leistungen innerhalb des Konzerns verrechnen dürfen oder müssen. Schon bisher mussten sie sich an den Marktpreisen zu orientieren. Nun werden aber immer mehr Details direkt von den Behörden festgesetzt. „Die Finanzverwaltung glaubt offenbar, dass sie mehr von der Wirtschaft versteht als die Unternehmen“, sagt Krickl. „Das ist halt schlecht.“

Das fiktive Musterunternehmen aus der Studie würde in Österreich übrigens trotz eines Körperschaftsteuersatzes von 25 Prozent nur 16,8 Prozent Gewinnsteuern zahlen. Grund dafür sind Anlaufkosten, die für die erst zwei Jahre junge Firma angenommen werden. Deutlich höher ist hingegen die Belastung durch die Lohnkosten (34,3 Prozent). Drei Viertel davon sind Sozialversicherungsabgaben. Ein Posten, der auch die Abgabenlast der Arbeitnehmer entscheidend beeinflusst, bei der Tarifreform aber außer Acht gelassen wurde. Für 2018 hat die Regierung eine Reduktion der Lohnnebenkosten für Unternehmen angekündigt. Je nach Budgetlage, wie es heißt. Viel mehr als den guten Vorsatz gibt es bisher nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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