Die Zukunft des Bank-Austria-Privatkundengeschäfts ist ungewiss. Der Betriebsrat will weder einen Verkauf noch Kündigungen akzeptieren – und holte sich bereits einen Vorratsbeschluss für Streiks.
Wien. „Die Stimmung in der Belegschaft der Bank Austria ist sehr angespannt. Sie geht von Sorge und Angst über Betroffenheit bis hin zu Wut und Enttäuschung“, sagt Betriebsratschef Adolf Lehner am Dienstagnachmittag vor Journalisten. Denn nach wie vor ist offen, wie die Zukunft des Privatkundengeschäfts aussieht, in dem rund 3500 (etwa 2500 davon in den Filialen) der 9000 heimischen Bank-Austria-Mitarbeiter beschäftigt sind. Wie mehrfach berichtet, stehen zwei Optionen zur Auswahl: Der Verkauf an eine andere Bank oder einen Investor – Gespräche mit dem Bawag-Eigentümer Cerberus soll es bereits gegeben haben. Oder ein Verbleib im Konzern, der aber mit einer internen Restrukturierung einhergehen dürfte.
„Wir geben uns dabei keinen Illusionen hin – es wird nie wieder so sein wie vor dem 11. November (dem Tag, an dem die Bank-Austria-Mutter, UniCredit, ihr Sanierungskonzept vorgestellt hat) “, sagt Lehner. Der Betriebsrat sei daher auch verhandlungsbereit – allerdings nur in der Variante der internen Restrukturierung. „Auch da wird es nicht einfach, wir sind aber zu Verhandlungen auf Augenhöhe bereit. Allerdings erwarten wir uns, dass dabei Verträge und Anwartschaften von Mitarbeitern – etwa für Firmenpensionen – respektiert werden.“
Betriebsrat kann mit Aktien blockieren
Anders sieht es bei der Verkaufsvariante aus. Denn da gebe es nichts mehr zu verhandeln. „Ich gehe davon aus, dass sich dann ein Konflikt nicht vermeiden lässt“, so Lehner. Zur Sicherheit hat sich der Betriebsrat am Dienstag im Rahmen einer Betriebsversammlung gleich einen Vorratsbeschluss für „gewerkschaftliche Maßnahmen“ geben lassen – bis hin zu Streiks. Außerdem könne ein Verkauf des Privatkundengeschäfts für eine gewisse Zeit auch blockiert werden.
Denn der Betriebsrat verfügt nach wie vor über 115 Namensaktien. Und da bei wichtigen Entscheidungen wie etwa der Abspaltung von Firmenteilen bei einer Hauptversammlung alle Aktionäre anwesend sein müssen, kann der Betriebsrat diese durch simples Fernbleiben verhindern. Ein Dauerzustand könne das aber natürlich nicht sein, sagt Lehner. „Das wäre nicht durchzuhalten. Außerdem muss man mit solchen Rechten auch sehr sorgsam umgehen.“
Die Entscheidung für eine der beiden Varianten soll laut Bank-Führung bis Anfang Dezember getroffen werden. Laut Lehner steht sie auf „Messers Schneider“. Er sei jedoch hoffnungsfroh, weil viel dafür spreche, dass „die Bank Austria mit einem Privatkundengeschäft in Summe besser dasteht“. Daher würde der Vorstand – der laut Lehner ebenfalls für einen Verbleib im Konzern ist – auch bereits intensiv an dieser Variante arbeiten. Allerdings muss jeglicher in Wien entwickelte Plan von den Eigentümern in Mailand noch abgesegnet werden.
Lehner erwartet, dass der Betriebsrat unmittelbar nach dieser Grundatzentscheidung in die konkreten Planungen eingebunden wird. Allerdings gibt es auch bei der sogenannten In-house-Lösung für den Betriebsratschef eine rote Linie. Und zwar in Form von Kündigungen. „Ich bin davon überzeugt und zuversichtlich, dass wir ohne Kündigungen auskommen können.“ Der zu erwartende massive Personalabbau könne auch durch natürliche Abgänge, die es in Form von Pensionierungen in den nächsten Jahren in großer Zahl geben werde, sowie durch freiwillige Abgänge etwa in Form von Golden Handshakes geschafft werden.
Sollte es – so wie bei der ebenfalls zur UniCredit gehörenden Münchener Hypo-Vereinsbank angekündigt – doch zu Kündigungen kommen, dann will der Betriebsrat auf die in den Vorratsbeschlüssen genehmigten gewerkschaftlichen Maßnahmen zurückkommen. Ob das dann gleich Streik bedeute, hänge von den Umständen ab.
Auslöser für die Sorgen der Bank-Austria-Belegschaft ist das Sanierungskonzept der Bank-Austria-Mutter UniCredit. Demnach will das Mailänder Geldhaus in den nächsten drei Jahren 1,6 Mrd. Euro einsparen und 18.200 Jobs abbauen. Unrentable Teilbereiche stehen im ganzen Konzern zur Disposition. Dies trifft eben auch auf das heimische Geschäft mit Privatkunden und kleinen Gewerbetreibenden zu. Es steht mit 25 Mrd. nur für etwas mehr als ein Fünftel der gesamten Bank-Austria-Bilanzsumme von 120 Mrd. Euro. Dennoch ist mehr als ein Drittel der 9000 Mitarbeiter dort beschäftigt. In den ersten neun Monaten wurde ein Verlust von 41 Mio. Euro erwirtschaftet. (jaz)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2015)