Zielpunkt-Pleite: Steigende Preise im Handel befürchtet

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Der Wettbewerbsbehörde bereitet die hohe Konzentration im Handel Sorgen. Die Gewerkschaft beschwert sich über das "eigenartige" Verhalten des Zielpunkt-Eigentümers Pfeiffer.

Sie hat sich den Jahresausklang wohl auch anders vorgestellt: "Wir müssen damit leben", sagt eine Zielpunkt-Mitarbeiterin in der ORF-"ZIB 2" während ihr die Tränen über das Gesicht laufen. Sie und fast 3000 andere Angestellte der maroden Handelskette Zielpunkt haben am Mittwoch erfahren, dass ihr Arbeitgeber Insolvenz anmelden wird. Nicht einmal die November-Gehälter, inklusive Weihnachtsgeld, werden noch ausgezahlt. Und das, obwohl die Geschäftsführung noch vergangene Woche in einem Interview verkündet hat: "Wir glauben an Zielpunkt!" Dabei machte das Sorgenkind der oberösterreichischen Pfeiffer-Gruppe zuletzt bereits bis zu 50.000 Euro Verlust pro Tag.

Katzian: "Eigenartiges Verhalten"

Hörbar verstimmt war GPA-Chef Wolfgang Katzian im Interview mit dem "Ö1-Morgenjournal". Die Gewerkschaft sei nicht eingebunden geworden, kritisiert er. Er sei in den vergangenen Wochen davon ausgegangen, dass "es strukturelle Veränderungen bei Zielpunkt gibt". Daher sei für Mittwoch auch eine Sozialplanverhandlung angesetzt gewesen, die dann aber kurzfristig abgesagt wurde. Er finde das Verhalten des Zielpunkt-Eigentümers Pfeiffers "eigenartig", so Katzian. Er vermutet einen "Masterplan" hinter dieser Vorgehensweise, den er noch nicht kenne.

Ob die Sozialpartner noch etwas ausrichten hätten können, kann Katzian nicht sagen. Aber: „Üblicherweise hat man bei ähnlichen Fällen schon versucht, zu schauen, ob es irgendeine andere Lösung gibt“. Dies hätte laut Gewerkschaft nämlich auch Vorteile für die Mitarbeiter gebracht: Bei einem Verkauf der Zielpunkt-Kette hätten diese nämlich zu den gleichen Konditionen übernommen werden müssen. Bei einer Pleite ist das nicht der Fall.

Katzian sagt, sein erster Eindruck sei, dass Zielpunkt so versuche, "unrentable oder schwierige Standorte auf Kosten der öffentlichen Hand, nämlich des Insolvenzfonds", loszuwerden.

Pfeiffer weist GPA-Kritik zurück

Die harte Kritik der Gewerkschaft GPA wies Eigentümer Georg Pfeiffer zurück. "Es wurden seitens der Gewerkschaft Gesprächstermine mit der Geschäftsführung wiederholt nicht wahrgenommen." Zuletzt habe es "maßlos überzogene Sozialplan-Forderungen gegeben und der letzte Gesprächstermin vorige Woche wurde von der Gewerkschaft abgesagt".

Zielpunkt geht jedenfalls laut einer Aussendung davon aus, dass ein Großteil der Filialen weiterverkauft wird. Sowohl die Diskonter Hofer und Lidl als auch Spar und Rewe gaben am Donnerstag ihr Interesse an einzelnen Standorten bekannt. Ganz so einfach dürfte das aber nicht werden. Zum einen befinden sich bei weitem nicht alle 229 Filialen in attraktiven Lagen, außerdem sind viele sanierungsbedürftig. Im hoch konzentrierten Wiener Markt, wo sich eine Großteil der Standorte befindet, können die Mitbewerber wettbewerbsrechtlich nicht so einfach zukaufen. Georg Thanner, Chef der Wettbewerbsbehörde, befürchtet aufgrund der hohen Marktkonzentration außerdem, "dass die Preise steigen". Man werde die Preissituation "weiter im Auge behalten", sagte er Mittwochabend in der "ZiB 2".

Zu Preiserhöhungen werde es infolge der Zielpunkt-Insolvenz nicht kommen, versicherten dagegen Spar und Rewe. Die Pleite sei vielmehr ein Zeichen für den harten Wettbewerb am heimischen Lebensmittelmarkt.

APA

Ab sofort keine neuen Waren mehr

Und wie geht es jetzt für die Kunden weiter? Die Zielpunkt-Filialen bleiben vorerst geöffnet, aber neue Ware kann das Unternehmen nicht mehr bestellen. Nur mit den wichtigsten Frischelieferanten – Brot, Gebäck, Obst – gebe es eine Zug-um-Zug-Regelung. Das heißt: Man zahlt im Vorfeld und bekommt dann die Ware. Ob es dann zum großen Ausverkauf kommt, entscheidet der Masseverwalter.

>>> "Ö1-Morgenjournal"

(sk)

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