Es gibt bereits 50.000 Arbeitslose im Handel. Nun stellt die Zielpunkt-Pleite mit 3000 Mitarbeitern den Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen.
Als im Sommer 2013 der Umbau der Drogeriemarktkette Schlecker zu dayli scheiterte, wurden auf einen Schlag 3500 Beschäftigte arbeitslos - es war die größte Handelspleite seit 20 Jahren. Jetzt, nur zweieinhalb Jahre später, folgt mit Zielpunkt eine Insolvenz von ähnlichem Ausmaß: Knapp 3000 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Zu den von Zielpunkt genannten 2500 Beschäftigten kommen der Gewerkschaft zufolge noch 200 weitere, die derzeit in Karenz sind. Weiters sind auch fast 300 Mitarbeiter des Logistik-Zentrums betroffen. Und während in den Zielpunkt-Filialen vorerst noch normal weiter gearbeitet wird, sind die Logistik-Mitarbeiter bereits am Donnerstag nach Hause geschickt worden.
Im Oktober 50.000 Arbeitslose im Handel
Handel: Die größten Pleiten seit 1992
Heuer im Oktober waren bereits knapp 50.000 Beschäftigte im Handel arbeitslos - zehn Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Alleine in Wien gibt es mehr als 17.000 Arbeitslose im Handel. Der Chef des Zielpunkt-Eigentümers Pfeiffer, Georg Pfeiffer, hat die bevorstehende Pleite von Zielpunkt als notwendigen Schritt verteidigt. "Zielpunkt kann auch mittelfristig nicht aus den roten Zahlen kommen", sagte Pfeiffer im APA-Interview. "Eigentlich ist damit schon ein Insolvenztatbestand gegeben." Zielpunkt sei ein "Fass ohne Boden".
Pfeiffer hofft zwar, dass die 229 Filialen - mehr als die Hälfte davon in Wien - bald neue Eigentümer finden. Doch die Zukunft ist ungewiss. An einzelnen Filialen gibt es Interesse, bestätigten Unternehmenssprecher von Spar, Rewe (Penny, Billa usw.), Hofer und Lidl am Donnerstag Unrealistisch ist jedoch wegen der hohen Marktkonzentration, dass große Pakete vom Masseverwalter angeboten werden.
Hoher Standort-Wettbewerb vor allem in Wien
Der Unternehmensberater Andreas Kreutzer von Kreutzer, Fischer und Partner Consulting glaubt nicht, dass alle Zielpunkt-Filialen übernommen werden, aber manchmal würden auch irrationale Entscheidungen getroffen. Kreutzer verwies gegenüber der APA auf den hohen Standortwettbewerb, vor allem in Wien. In Österreich kämen auf eine Million Einwohner rund 440 Lebensmittelmärkte, in der Schweiz seien es mit rund 200 weniger als die Hälfte. Strukturell sei in Wien eine Bereinigung nötig.
Der Zielpunkt-Insolvenzantrag soll am Montag eingebracht werden. Ab Anfang kommender Woche finden auch Betriebsversammlungen statt. Laut der Gewerkschaft vida soll rasch ein Sozialplan für die Zielpunkt-Mitarbeiter erarbeitet werden.
"Situation für Lebensmittelhersteller verschärft sich"
Auch den Fachverband der Lebensmittelindustrie lässt die Zielpunkt-Pleite nicht kalt. Geschäftsführerin Katharina Koßdorff spricht von einem "harten Schlag". Die 85 Prozent Marktanteil der drei großen Ketten Rewe, Spar und Hofer sei "in Europa ein ungewöhnlich hoher Wert". Im Vergleich dazu liege der Marktanteil der jeweiligen Top-drei-Handelskonzerne in Deutschland bei nur 55 Prozent. "Für die österreichischen Hersteller von Lebensmitteln und Getränken verschärft sich die Situation mit der Zielpunkt-Insolvenz in Österreich insgesamt weiter, weil damit potenzielle Kunden wegbrechen und somit Absatzwege versiegen", so die Lebensmittelindustrie.
Wie viele Standorte übernommen werden, sollte in den kommenden zwei Wochen feststehen, sagte Sozialminister Hundstorfer. Die Zielpunkt-Lehrlinge werden von den Mitbewerbern übernommen.
Zielpunkt-Eigentümer Georg Pfeiffer kritisiert nach der Pleite der Supermarktkette in einem Interview die unternehmerfeindliche Stimmung in Österreich.
Die Justiz müsse die Korrektheit des Vorgehens prüfen, sagte Kardinal Schönborn. Die Gewerkschaft plädiert dafür, im Kartellrecht die Folgen für den Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.
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