"Zielpunkt auch bis 2020 nicht in die Gewinnzone zu führen"

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Der Eigentümer der Handelskette, Georg Pfeiffer, gesteht ein, dass Zielpunkt ein Fass ohne Boden ist. Die hohe Überschuldung mache den Konkurs unvermeidbar. Die Gewerkschaft übt scharfe Kritik.

Wien. Als die Pfeiffer Handelsgruppe Anfang November ihren Großhandelsbetrieb C+C Pfeiffer an die Schweizer Coop-Tochter Transgourmet verkaufte, war die Welt – zumindest offiziell – in Ordnung. Der Verkaufserlös werde in die Modernisierung von Zielpunkt fließen, betonte Pfeiffer-Geschäftsführer Erich Schönleitner damals. Auch der Onlinehandel werde forciert. Jetzt, drei Wochen später, müssen Schönleitner und Pfeiffer-Eigentümer Georg Pfeiffer eingestehen, dass sie mit der Sanierung der Lebensmittelkette gescheitert sind. „Zielpunkt hat sich als Fass ohne Boden erwiesen – wir haben die Reißleine ziehen müssen“, sagte Pfeiffer.

Am Mittwoch ist bekannt geworden, dass Zielpunkt mit 229 Filialen und 2500 Mitarbeitern (die Gewerkschaft GPA-djp spricht sogar von 3000 Betroffenen) Anfang nächster Woche Konkurs anmelden muss. Gibt es keinen Käufer, wird das Unternehmen liquidiert und verschwindet vom Markt.

Katastrophaler Umsatzeinbruch

Wie kam das so schnell? Noch im Sommer sei man im Plan der 2014 erstellten Fortbestandsprognose gelegen, sagte Pfeiffer. Dann, im Oktober und erst recht im November, hätten sich die Bedingungen im Einzelhandel aufgrund des schwindenden Konsumentenvertrauens dramatisch verschlechtert. „Im Oktober fiel der Umsatz um fünf Prozent, im November wird es noch mehr sein.“ Die ambitionierte Fortbestehensprognose geriet gehörig ins Wanken.

Und dann ging es Schlag auf Schlag: Vergangene Woche sah sich das Management, das sich „vom Ausmaß der Dramatik überrascht und sehr betroffen“ zeigt, gezwungen, die Prognose zu evaluieren. Mit dem Ergebnis, dass sie nicht zu halten sei. „Wir mussten feststellen, dass Zielpunkt auch bis 2020 nicht in die Gewinnzone zu führen ist“, erklärte Pfeiffer am Donnerstag. Zum Überleben wären 60 Millionen Euro notwendig gewesen: „Geld, das wir nicht haben und angesichts der Rechtslage auch nicht mehr geben dürfen.“ Am Mittwoch fiel die Entscheidung, die umgehend den Mitarbeitern mitgeteilt worden ist: Insolvenz.

In der Tat scheint die Kette, die mehrfach den Besitzer gewechselt hat und 2013 von Pfeiffer übernommen wurde, ein aussichtsloser Sanierungsfall zu sein. Obwohl Pfeiffer insgesamt rund 50 Mio. Euro in die Erneuerung der Kette gebuttert hat, die er inklusive der Patronatserklärung über 16 Mio. Euro schon abgeschrieben haben will, hat Zielpunkt im Geschäftsjahr 2014/15 laut vorläufigen Zahlen bei rund 420 Mio. Euro Umsatz 11,7 Mio. Euro Verlust gemacht. Wegen hoher Abgänge auch in den Vorjahren lag das Eigenkapital bei minus 36,4 Mio. Euro. Allein das ist schon ein Insolvenztatbestand.

Pfeiffer ist überzeugt, dass er seine ohne Zielpunkt von 6700 auf 2200 Mitarbeiter abgespeckte Gruppe mit Nah&Frisch und Unimarkt „gesund und fit“ weiterführen kann. Diese Märkte könnten auch einige Zielpunkt-Standorte übernehmen. „Sicher aber nicht alle“, dementierte Pfeiffer Spekulationen. Er hofft, dass das Gros der Geschäfte inklusive Mitarbeitern übernommen wird, auch wenn dies kartellrechtlich schwierig sein dürfte. Die Konkurrenz hat schon Interesse angemeldet.

Insolvenzfonds springt ein

Für die Beschäftigten ist das vorerst ein schwacher Trost. Ihre Löhne und Gehälter für November, das Weihnachtsgeld und weitere Ansprüche übernimmt der Insolvenzfonds. Ob das Geld – monatlich rund 6,1 Mio. Euro – jedoch noch heuer fließt, ließ Fonds-Geschäftsführer Wolfgang Pfabigan auf Anfrage der APA offen. Die Banken, die von der Pleite nicht betroffen sind, da Zielpunkt keine Bankschulden hat, verrechnen den Mitarbeitern keine Überziehungszinsen. Die Gewerkschaft zeigte sich „über das Vorgehen der Pfeiffer-Gruppe entsetzt“. Statt Verhandlungen über einen Sozialplan habe es die Konkursankündigung gegeben, wetterte GPA-Chef Wolfgang Katzian. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sprach von einem schweren Schlag für die Mitarbeiter und den ganzen Arbeitsmarkt. Pfeiffer wies die Kritik zurück. Die Gewerkschaft habe Gesprächstermine mit der Geschäftsführung nicht wahrgenommen.

Die Zielpunkt-Geschäfte bleiben vorerst geöffnet. Aber schon jetzt werden mit dem Hinweis auf die Insolvenz keine Gutscheine mehr eingelöst, was Kunden erzürnt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2015)

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