Zielpunkt-Pleite: "Da ist ganz viel Wut da"

Mit Zielpunkt ging es schon seit Jahren abwärts.
Mit Zielpunkt ging es schon seit Jahren abwärts.Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Zielpunkt-Betriebsratschefin lässt kein gutes Haar an der Pfeiffer-Gruppe: "Der schlimmste Eigentümer, den wir je hatten“.

"Da ist Angst, aber vor allem ganz viel Wut da", beschreibt Zielpunkt-Betriebsratschefin Snjezana Brajinovic die Stimmung bei den Mitarbeitern der insolventen Handelskette. Sie ist fassungslos über das Vorgehen der Zielpunkt-Muttergesellschaft Pfeiffer. Bis zuletzt habe man den Mitarbeitern vorgegaukelt, dass Pfeiffer sich auf den Einzelhandel fokussieren wollte. "Wir hatten einen riesigen Sortimentsumbau. Die Mitarbeiter haben 14, 15 Stunden am Tag gearbeitet", so Brajinovic am Freitag zur APA. Teilweise seien Ruhezeiten nicht eingehalten worden. Für Brajinovic war die oberösterreichische Handelsgruppe Pfeiffer "der schlimmste Eigentümer, den wir je hatten". Pfeiffer habe sich die "guten Dinge von Zielpunkt genommen" und lasse jetzt vor Weihnachten die Mitarbeiter - 80 Prozent sind Frauen - fallen. "Wir haben tolle Mitarbeiter, die immer großen Einsatz gezeigt haben", sagte Brajinovic.

"Zigtausende" Gutscheine wertlos

Der Dank sei nun, dass sie ihren Job los sind und in ihren letzten Arbeitstagen teilweise von Kunden beschimpft würden, weil sie keine Gutscheine mehr annehmen. Vor Weihnachten hätten viele Firmen "zigtausende" Zielpunkt-Gutscheine für ihre Mitarbeiter gekauft, so die Betriebsrätin. Auch die Lieferanten seien in Aufruhr. "Gestern waren Lieferanten in der Heizwerkstraße (die Wiener Zielpunkt-Zentrale, Anm.) und wollten Ware abholen, die Zielpunkt nicht bezahlt hat", erzählt Brajinovic. Die Filialen bekämen momentan nur mehr Frischware geliefert.

Was Brajinovic besonders ärgert, ist eine Mitarbeiterinformation an alle rund 3000 Zielpunkt-Beschäftigten: "Da steht drin, dass sie sich beim Masseverwalter dafür einsetzen werden, dass uns Prämien ausbezahlt werden, wenn wir bis zum Schluss arbeiten."

Pfeiffer habe "von Anfang an" nur Interesse an der Einkaufskooperation gehabt. "Zielpunkt kommt aus einem großen Konzern, wir hatten ganz andere Einkaufspreise als Pfeiffer", so Brajinovic. Davon habe Pfeiffer profitiert, bei Zielpunkt hätten sich die Preise dagegen teilweise sogar verschlechtert.

Scharfe Kritik an Immobiliendeal

Scharfe Kritik übte Brajinovic auch am Immobiliendeal, den Pfeiffer kurz vor der Zielpunkt-Pleite eingefädelt hat. Die Pfeiffer-Gruppe hat am Dienstag bei der Bundeswettbewerbsbehörde den Kauf der TREI Real Estate Austria angemeldet. Die TREI hieß früher LÖWA, LÖWA war die Vorgängermarke von Zielpunkt. Brajinovic kennt den Deal, sie sitzt nämlich als Betriebsrätin im Zielpunkt-Aufsichtsrat. "Ich habe nicht zugestimmt", sagt sie. "Der Hauptmieter der Immobilien ist Zielpunkt."

Am Montag und Dienstag finden bei Zielpunkt Betriebsversammlungen statt, wo die Mitarbeiterinnen von Arbeiterkammer (AK), Gewerkschaft und Betriebsrat informiert werden. Mitarbeiterinnen, rät die Gewerkschaft, sollten auf gar keinen Fall selbstständig Anträge beim Insolvenzentgeltfonds stellen, sondern sich mit Belegschaftsvertretern absprechen. Der Fonds muss ihnen das November-Gehalt sowie das Weihnachtsgeld auszahlen. Ob das tatsächlich noch vor Weihnachten kommt, ist aber nicht sicher.

Zielpunkt-Stellungnahme auf Facebook:

(APA)

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