Zielpunkt mit mehr als 210 Millionen Euro Schulden in Konkurs

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2700 Mitarbeiter sind von der Insolvenz betroffen. Die Supermarktkette soll geschlossen und liquidiert werden.

Nun ist es offiziell: Die Lebensmittelkette Zielpunkt hat beim Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Konkursverfahrens beantragt. Die Insolvenzschulden (Passiva) belaufen sich auf mehr als 210 Mio. Euro, teilten die Kreditschützer mit. Von der Insolvenz sind insgesamt 2700 Mitarbeiter und über 500 Gläubiger betroffen. Die Mitarbeiter wurden zur Gänze beim AMS zur Kündigung angemeldet. Die Ursachen liegen in massiven Umsatzeinbrüchen, gescheiterten Investorensuche und in der mangelnden Bereitschaft der Muttergesellschaft zur weiteren Betriebsmittelfinanzierung, teilt die Creditreform mit. Die Lebensmittelkette soll geschlossen und liquidiert werden.

Laut den KSV-Kreditschützern belaufen sich die Verbindlichkeiten inklusive Personalabbaukosten und den Kosten für die Auflösung von langfristigen Verträgen wie Mietverträgen auf 237 Mio. Euro und die Aktiva auf 33,5 Mio. Euro. Creditreform beziffert die Insolvenzschulden mit 214 Mio. Euro und das Vermögen mit 11,3 Mio. Euro. Die Höhe des freie Vermögens - das ist der nicht durch Stellung als Sicherheiten, durch Verschuldung oder sonst wie belastete Vermögenswert - in dieser Größenordnung bestätigen die Zielpunkt-Anwälte Ulla Reisch und Ernst Chalupsky am Montag in einer Aussendung.

Die Verbindlichkeiten von Zielpunkt ohne Berücksichtigung von Aus- oder Absonderungsrechten würden sich auf 83,9 Mio. Euro belaufen.

Pfeiffer weist Vorwürfe zurück

Zielpunkt erzielte im Geschäftsjahr 2014/15 mit 229 Filialen in Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark einen Umsatz von 438 Millionen Euro. Der Verlust belief sich zuletzt auf rund 12 Millionen Euro.

Der Zielpunkt-Eigentümer Pfeiffer verwahrte sich gegen den Vorwurf, man habe absichtlich für die Insolvenz Ende November vor der Auszahlung von Weihnachtsgeld gewählt. "So etwas kann man nicht timen" sagte Firmenchef Georg Pfeiffer. Er weist auch jeden Vorwurf, er wolle von der Zielpunkt-Insolvenz profitieren, etwa durch die Übernahme attraktiver Standorte, von sich. Den Kauf der Immobilien, in denen Zielpunkt eingemietet ist, von der Gruppe Tengelmann hat die Pfeiffer Handels GmbH bereits im Mai 2015 eingefädelt. 

Kommunikation sorgt für Unmut

Für weiteren Ärger bei den Zielpunkt-Mitarbeitern sorgt ein Brief von Eigentümer Pfeiffer, der am 4.November an alle Mitarbeiter geschickt wurde. Darin hieß es: "Wir werden mit voller Kraft die Entwicklung von Zielpunkt fortsetzen". Und das nur drei Wochen vor der Insolvenz-Ankündigung. Anlass des Schreibens war der kurz davor abgewickelte Verkauf des Großhandelsbetriebs c+c Pfeiffer an Transgourmet, eine Tochter des Schweizer Handelskonzerns Coop. "Neben der strategischen Perspektive dieser Partnerschaft war die Sicherheit Ihrer Arbeitsplätze die wichtigste Grundlage für diese Entscheidungen. Ich bin überzeugt, dass wir mit den neuen Strukturen bestmögliche Voraussetzungen für eine langfristig erfolgreiche Weiterentwicklung in allen Geschäftseinheiten geschaffen haben", heißt es in dem Brief weiters.

Noch am 18. November sagte Zielpunkt-Geschäftsführer Erich Schönleitner dem "WirtschaftsBlatt", dass Pfeiffer an Zielpunkt glaube und es bis 2017 aus den roten Zahlen schaffen wolle. Die Kette sollte mithilfe des Onlinegeschäfts, mehr Convenience-Produkten und Franchise-Partnern flottgemacht werden. In den nächsten drei Jahren hätten 20 bis 30 Standorte an Franchise-Partner gehen sollen. Doch nur eine Woche später kündigte das Unternehmen an, Insolvenz anmelden zu müssen. 

Für diesen Tag war auch die vorläufig letzte Runde zur Verhandlung des Sozialplans zwischen Zielpunkt-Management und Gewerkschaft ausgemacht gewesen, erzählte GPA-Chef Wolfgang Katzian heute vor Journalisten in Wien. Anlass sei die Verlagerung der Unternehmenszentrale von Wien nach Oberösterreich sowie die Schließung von einigen unrentablen Standorten im Osten gewesen. Die Besprechung sei aber eine Stunde vor Stattfinden vom Management abgesagt worden, so Katzian  und der Betriebsrat wurde informiert, dass das Unternehmen in die Insolvenz geschickt wird. "Das war überraschend, weil alle zugänglichen Informationen eine völlig andere Sprache gesprochen haben", sagte Katzian

Aus- und Absonderungsrechte

Grundsätzlich werden Aus- und Absonderungsrechte durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt. Aussonderungsrechte sind Ansprüche dinglicher oder persönlicher Natur auf Aussonderung von Sachen aus der Insolvenzmasse, die dem Schuldner nicht gehören. Bei den Absonderungsansprüchen handelt es sich insbesondere um Pfand-, Befriedigungs- und Zurückbehaltungsrechte, das Sicherungseigentum sowie um abgetretene oder verpfändete Buchforderungen.

(APA)

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