Zielpunkt-Betriebsrat: "Sauerei jetzt vor Weihnachten"

BETRIEBSVERSAMMLUNG ZIELPUNKT IN WIEN: BRAJINOVIC
BETRIEBSVERSAMMLUNG ZIELPUNKT IN WIEN: BRAJINOVICAPA/HELMUT FOHRINGER
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Die Beschäftigten wollen in den Betriebsversammlungen vor allem wissen, wie sie an ihr Geld kommen. Keiner dürfe jetzt aufhören, forderte die Betriebsratschefin zum Weiterarbeiten auf.

Am Montag wurde die erste Betriebsversammlung bei Zielpunkt abgehalten. "Der Anlass ist scheiße", hielt Zielpunkt-Betriebsratschefin Snjezana Brajinovic mit ihrem Ärger nicht hinter dem berg . "Wir waren alle komplett geschockt. Das ist eine Sauerei jetzt vor Weihnachten", sagte Brajinovic sichtlich bemüht, Tränen zu verbergen. Heute meldete die Lebensmittelkette offiziell Konkurs an. 2708 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

Bei den Betriebsversammlungen geht es vor allem zunächst darum, die Beschäftigten darüber zu informieren, wie sie zu ihrem Geld kommen. Zielpunkt zahlte die November-Gehälter sowie das Weihnachtsgeld nicht mehr aus. Das übernimmt nun der Insolvenzentgeltfonds (IEF). Es sei wichtig, so rasch wie möglich alle erforderlichen Formulare auszufüllen, mahnte die Insolvenzexpertin der Arbeiterkammer, Karin Ristic, ein. Die Formulare würden vom Betriebsrat gesammelt eingereicht. Ristic vermutet, dass es "eher Wochen als Monate" dauern werde, bis die Beschäftigten zu ihrem Geld kommen.

"Der Herr Pfeiffer hat schon viel gesagt"

Auch wenn die Situation schrecklich sei, dürfe niemand eigenmächtig zu Hause bleiben, informierte die Gewerkschaft GPA-djp. "Keiner hört jetzt auf. Ihr dürft nicht einfach zu Hause bleiben", betonte Betriebsrätin Brajinovic. Wer krank werde oder Urlaub habe, dürfe aber freilich auch jetzt daheimbleiben bzw. in den Urlaub fahren. Sollte die Filiale, in der man arbeitet, demnächst geschlossen werde, habe der Arbeitgeber das Recht, den Mitarbeiter in einer anderen Filiale einzusetzen. Welche Filialen wann schließen, dürfte der Masseverwalter in den nächsten Tagen bekanntgeben.

Zur Zeit kursieren viele Gerüchte, die die Beschäftigten verunsichern. "Hört nicht auf das. Der Herr Pfeiffer (Chef des Zielpunkt-Eigentümers Pfeiffer, Anm.) hat schon viel gesagt. Fragt uns", empfahl Mario Ferrari von der GPA-djp. So will Pfeiffer sich dafür einsetzen, dass den Mitarbeitern eine Prämie ausbezahlt wird, wenn sie bis zum Schluss arbeiten. "Das ist Blödsinn. Der Pfeiffer hat jetzt nichts mehr zu sagen. Das Sagen hat der Masseverwalter", klärte Ferrari auf.

Einkaufsgutschein als Weihnachtsgeschenk

Für Aufregung sorgte auch die Aufzeichnungspraxis bei Zielpunkt. Laut Betriebsrätin kam es immer wieder zu Übertretungen der Ruhezeiten. Beschäftigte erzählten, dass nicht sie selbst die Stundenliste führten, sondern die jeweilige Filialleitung. Betriebsrat und Gewerkschaft forderten die Beschäftigen auf, ihre Stundenaufzeichnungen unbedingt selbst zu führen. "Jetzt habt Ihr nix mehr zu verlieren. Der Firma braucht Ihr nichts mehr zu schenken", polterte Brajinovic.

Für schallendes Gelächter unter den rund 350 anwesenden Beschäftigten sorgte die Ankündigung der Betriebsrätin, dass ausgerechnet heute alle Mitarbeiter von Pfeiffer ein Weihnachtsgeschenk bekommen. Dieses enthalte auch einen 10-Euro-Einkaufsgutschein. "Wir würden die Gutscheine gerne an den Eigentümer schicken mit einem netten Brief", sagte Brajinovic.

(APA)

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