Zielpunkt: Das ist erst der Anfang

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Lebensmittelkette dürfte nicht nur Schirnhofer mit in die Insolvenz reißen, auch andere Lieferanten sind gefährdet. Und Eigentümer Pfeiffer selbst ist der größte Gläubiger.

Wien. Das Konkursedikt für die Lebensmittelkette Zielpunkt ist noch druckfrisch – da rasselt einer der größten Lieferanten in die Folgepleite: Am Dienstag wurde das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über den mit rund 21 Mio. Euro überschuldeten steirischen Fleischverarbeiter Schirnhofer eröffnet. Dort verlieren – zusätzlich zu den 2700 Zielpunkt-Mitarbeitern – 270 Beschäftigte ihren Job. Wie auch Zielpunkt zahlte Schirnhofer weder Novembergehälter noch Weihnachtsgeld aus.

Die Pleite ist erwartet worden: Der 1977 gegründete und in dritter Generation geführte größte in Familienbesitz befindliche Fleisch- und Wursterzeuger hat rund 37 Prozent seines Umsatzes mit Zielpunkt gemacht. „Das und die Verunsicherung der Lieferanten, die nicht einmal gegen Vorauskassa liefern wollten, ist ein harter Brocken“, sagt Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte vom Kreditschutzverband (KSV).

Dass Schirnhofer, der schon in der Vorwoche 70 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung angemeldet hat, sich im Windschatten von Zielpunkt selbst entschulden möchte, schließt Kantner aus. „Niemand geht freiwillig zum Insolvenzrichter.“ Faktum ist, dass Schirnhofer selbst in der Restrukturierung steckte. Im Geschäftsjahr 2014/15 (Ende März) ist der Umsatz von 72 auf 62,5 Mio. Euro gefallen. Dadurch drehte das Ergebnis von 500.000 Euro auf minus 2,5 Mio. Euro.

Umsatzverfall und Verlust

Durch den Verkauf von Aibler (Fleisch) und der Blasko Convenience (Fertiggerichte) im Sommer konnten die Schulden von 14,8 auf neun Mio. Euro gedrückt werden. „Die Zielpunkt-Pleite hat alle Sanierungspläne Schirnhofers über den Haufen geworfen“, sagt Kantner. Karl Schirnhofer war auf „Presse“-Anfrage nicht erreichbar.

Während bei Zielpunkt voraussichtlich bis Weihnachten die Ware abverkauft wird und das Unternehmen mit der Marke vom Markt verschwindet – die 229 Filialen sollen in Paketen von anderen Händlern übernommen werden – will Schirnhofer geschrumpft weitermachen. Den Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent geboten.
Schirnhofer dürfte definitiv nicht das einzige Opfer von Zielpunkt sein: „Ich rechne fix mit weiteren Folgeinsolvenzen“, sagt Gerhard Weinhofer von der Creditreform. Ein Lieferant, bei dem Zielpunkt mit 1,5 Mio. Euro in der Kreide steht, habe ihm bereits die Insolvenz für die nächsten Tage angekündigt. „Ich fürchte, das ist kein Einzelfall.“

Selbst Zielpunkt-Eigentümer Georg Pfeiffer ist nicht ganz aus dem Schneider: Er ist zwar den Klotz am Bein los – was ihm die Gewerkschaft ja vorwirft. Allerdings muss er auch seinen Traum vom überregionalen Anbieter im Lebensmitteleinzelhandel begraben. Und: nach dem Wegfall von Zielpunkt und dem Verkauf des Großhandelsgeschäfts (C+C) bleiben vom Umsatz der Gruppe von 1,3 Mrd. Euro nur die Unimärkte und Nah&Frisch mit rund 380 Mio. Euro übrig.
Muss Pfeiffer auch um diesen Rest zittern? Kreditschützer sagen „nein, aber“: die Rest-Gruppe stehe solide da. Aber zweifellos ist Pfeiffer der größte Gläubiger von Zielpunkt. Sie hat allein Verbindlichkeiten von 33,9 Mio. Euro gegenüber Pfeiffer, geht aus dem Insolvenzantrag hervor. Zumindest diese Summe dürfte Pfeiffer in den Wind schreiben müssen.

Patronatserklärung zu prüfen

Ein Fragezeichen steht auch über der 16 Mio. Euro schweren Patronatserklärung, die Pfeiffer für Zielpunkt bis Februar gegeben hat. Ist sie voll ausgeschöpft, und wenn nicht, was dann? „Das wird noch ein Thema sein“, sagt Kantner. Damit werde sich Masseverwalter Georg Freimüller befassen.
Die Höhe der Forderungen steht erst sukzessive fest. Anmeldungen sind bis 11. Februar möglich, die Prüfungstagsatzung ist am 25. Februar angesetzt. Ein erstes Bild dürfte die Gläubigerversammlung am 15. Dezember bringen.

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