Warum wir unseren Kindern früh eigenes Geld geben sollten

Früh übt sich. Kindern hilft Taschengeld, den Wert der Dinge zu verstehen.
Früh übt sich. Kindern hilft Taschengeld, den Wert der Dinge zu verstehen.(c) BilderBox
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Jeder Dritte, dem die Schulden über den Kopf wachsen, ist unter dreißig. Die Weichen dafür werden im Kindesalter gelegt. Experten raten, dem Nachwuchs bald Taschengeld zu geben und das Thema nicht zu tabuisieren. Auch, um das eigene Geld vor den „Blödheiten der Kinder“ zu retten.

Wien. Mit 18 Jahren ist es oft schon zu spät. Wer bis dahin nicht gelernt hat, mit Geld umzugehen, schlittert mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit in finanzielle Schwierigkeiten. Fast jeder Dritte, der zur Schuldnerberatung geht, weil er mit seinem Geld nicht auskommt, ist jünger als 30. Die häufigste Erklärung dafür: Sie haben es nicht anders gelernt.

„Zwischen 18 und 25 passieren die meisten finanziellen Hoppalas“, sagt Alexander Maly, Österreichs oberster Schuldnerberater. Die Wurzeln des Übels seien meist im Elternhaus zu finden: „Wie es die Eltern machen, so machen es auch die Kinder“, erklärt er. Bestellen diese in Restaurants etwa ein Getränk nach dem anderen, obwohl nicht alles ausgetrunken ist, werde dem Kind das Signal gegeben: Es ist immer mehr als genug da. Verschwendung ist kein Problem.

Aber wie macht man es richtig? Der wichtigste Schritt, um seinen Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu vermitteln, ist, überhaupt darüber zu reden: Was kostet der Haushalt? Was verdienen Mama und Papa? Warum fahren andere öfter in Urlaub?

Bevor beim Abendessen aber mit Begriffen wie Fixkosten, variablen Zinsen und Überziehungsrahmen jongliert werden kann, müsse das Kind ein gewisses Alter erreicht haben. „Ein Vorschulkind mit fünf Jahren lebt noch in einer Welt von viel und wenig“, sagt Martina Leibovici-Mühlberger, die Leiterin der Arge Erziehungsberatung. In dem Alter sei es sinnvoller, den Wert bestimmter Dinge in Zeit umzurechnen: Für dieses Spielzeug muss die Mama etwa eine halbe Stunde arbeiten. Das ist so lang, wie das Frühstück dauert.

Je älter Kinder sind, desto genauer könnten sie in die Finanzen der Familie eingeweiht werden

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Die frühe Geldschule lohnt sich

Den größten Effekt haben aber nicht Worte, sondern Scheine. „Taschengeld ist das beste Mittel, um den Umgang mit Geld zu üben“, sagt Maly. In seinen Vorträgen vor Schulklassen beobachte er immer wieder, dass selbst 14-Jährige, die kein Taschengeld erhalten, keine Ahnung hätten, wie viel die Pullover, die sie tragen, in etwa kosten könnten. Schüler, die eigenes Geld verwalten, seien da viel weiter.

Der Schuldnerberater rät, an das fixe Taschengeldbudget auch kleine Verpflichtungen zu knüpfen. Je nach Alter und Betrag sollten die Kinder etwa ihre Comics oder auch Teile der Kleidung mit ihrem Taschengeld bezahlen. Die Grundbedürfnisse müssten jedoch stets von den Eltern gedeckt werden.

Der „richtige“ Betrag variiert je nach Alter. Bei Sechsjährigen seien etwa 1,80 bis drei Euro pro Woche zur freien Verfügung angemessen, so die Empfehlung des Taschengeld-Guides der Erste Bank. Für Zwölfjährige wäre ein Budget zwischen 3,60 und sechs Euro sinnvoll, für 17-Jährige 34 bis 61 Euro. Auch die Möglichkeit, zusätzliches Geld im Haushalt dazuverdienen zu können, begrüßen die Experten. So werde Geld mit Leistung verknüpft.

Die Früchte dieser frühen Geldschule ernten nicht nur die Kinder und Jugendlichen, die dann weniger blauäugig in die klassischen Schuldenfallen Handy, Auto, Wohnung tappen. Auch die Eltern profitieren, wenn ihr Nachwuchs früh weiß, was er tut.

Verlockende Kreditkarten

Rechtswirksam Schulden machen können Minderjährige in Österreich zwar nicht. „Eltern haften auch nicht für alle Blödheiten ihrer Kinder“, sagt Alexander Maly.

Aber in bestimmten Fällen könne es doch durchaus kritisch werden. Dann nämlich, wenn die Aufsichtspflichten verletzt werden. Dafür kann es mitunter schon reichen, dass die Kreditkarte der Eltern daheim offen herumliegt und das Internet für die Kinder frei zugänglich ist, warnt Maly. Geht das Kind dann auf Kosten der Eltern im Internet shoppen, könnten diese durchaus einen Teil der Kosten decken müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2015)

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