Telekom Austria: „Würden Abgang bedauern“

(c) Bloomberg (Lisi Niesner)
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Die Wiener Börse ist von den Plänen eines Delisting naturgemäß wenig begeistert, Analysten sehen Vorteile für Aktionäre.

Wien. Die Anleger bringen sich möglicherweise schon in Stellung: Nachdem „Die Presse“ berichtet hatte, dass die Telekom Austria einen Rückzug von der Wiener Börse überlege und stattdessen ihr Mehrheitseigentümer America Movil in Wien gelistet werden könnte, legte die Telekom-Aktie am Mittwoch fast ein Prozent zu.

Damit liegt der Kurs nach wie vor unter dem Wert zu Jahresbeginn (5,389 Euro) – aber die Richtung stimmt zumindest. Und es ist noch nicht aller Tage Abend: Bis zu einem Pflichtangebot (das einem Delisting vorausgehen muss), kann sich der Kurs noch deutlich bewegen. Was bei solchen börserelevanten Vorhaben – etwa auch bei Kapitalerhöhungen – durchaus üblich ist, da die Anleger auf einen kräftigen Paketzuschlag spekulieren. So schnalzte der Kurs im Vorjahr auf fast sieben Euro hoch, als die Mexikaner ihren Anteil aufstockten. Sie boten 7,15 Euro je Aktie.

Bernd Maurer von der Raiffeisen Centrobank (RCB) geht davon aus, dass die Mexikaner noch etwas drauflegen, um möglichst viele Anleger zu überzeugen, ihre Papiere anzudienen. Der für ein Pflichtoffert herangezogene Durchschnittskurs der vergangenen sechs Monate liegt bei 5,49 Euro.

Analysten beurteilen das Vorhaben – ja nach dem Blickwinkel – gemischt: „Für die Wiener Börse wäre der Abgang der Telekom natürlich schade, sollte es dazu kommen“, sagt Maurer zur „Presse“. So denkt auch seine Kollegin Vera Sutedja von der Erste Group – und so sieht es naturgemäß auch die Wiener Börse selbst: „Wir würden es zutiefst bedauern, wenn ein so wichtiges Unternehmen wie die Telekom uns verlässt“, sagt Börse-Vorstand Michael Buhl zur „Presse“. Eine Notierung bedeute zudem ein Qualitätskriterium für ein Unternehmen. Ein Delisting habe hingegen weniger Präsenz auf dem Markt – für Anleger und Kunden – zur Folge.

Für die Telekom und die Mexikaner ergebe das Unterfangen freilich Sinn, räumt Maurer ein. Zumal der Zugang zum Kapitalmarkt bestehen bleibe, da America Movil börsenotiert sei.

Sutedja sieht in ihrer Reaktion auf den „Presse“-Bericht vor allem für den Streubesitz positive Aspekte. Die Telekom sei nach wie vor – vor allem auf dem Heimmarkt – einem starken Wettbewerb auf dem Handysektor ausgesetzt, in Osteuropa laufe das Geschäft weiterhin schwach und die von der EU geplante Aufhebung der Roaminggebühren koste ebenfalls Umsatz und Ertrag, schreibt Sutedja in ihrer brandaktuellen Analyse vom Freitag. Dazu komme, dass die Telekom große Akquisitionen nur mithilfe einer Kapitalerhöhung stemmen könne, der die Staatsholding ÖBIB jedoch nicht zustimmen dürfte. Alle diese Faktoren dürften die Aktie eher bremsen. Die Erste-Analystin bekräftigt ihre „Hold“-Empfehlung – wie neun weitere der 17 bei Bloomberg angeführten Analysten, die die Telekom auf dem Schirm haben. Sutedjas Kursziel liegt bei 5,60 Euro, womit sie eher auf der vorsichtigen Seite liegt. Maurers Kursziel liegt mit 6,50 Euro deutlich höher, er empfiehlt auch die Aktie zum Kauf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2015)

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