Gerhard Dörfler: Der Landesfürst, der nichts wusste

Der frühere Landeshauptmann Gerhard Dörfler war bei den Verhandlungen zur Notverstaatlichung der Hypo dabei und hat dem Beitrag Kärntens zur Sanierung zugestimmt. Davor will er mit dem Thema Hypo nicht befasst gewesen sein.
Der frühere Landeshauptmann Gerhard Dörfler war bei den Verhandlungen zur Notverstaatlichung der Hypo dabei und hat dem Beitrag Kärntens zur Sanierung zugestimmt. Davor will er mit dem Thema Hypo nicht befasst gewesen sein.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler verweist im U-Ausschuss auf andere: Er selbst sei für die Hypo nie zuständig gewesen. Und man habe ihn auch nicht informiert.

Wien. Was macht ein Landeshauptmann, wenn das wichtigste Unternehmen seines Landes, eine Bank, die teilweise dem Land selbst gehört, knapp vor der Pleite steht? Gerhard Dörfler, früherer BZÖ- und FPÖ-Landeshauptmann von Kärnten, gibt dem Hypo-Untersuchungsausschuss auf diese Frage eine einigermaßen überraschende Antwort: Er macht nichts.

Er fühlt sich nicht zuständig, weil er keine Funktion beim Hypo-Miteigentümer Kärntner Landesholdig hatte, und weil er in der Landesregierung nicht für Finanzen und Beteiligungen zuständig war. Er ist nicht informiert, weil der Landesholdig-Aufsichtsratsschef, sein Koalitionspartner, Landesrat Josef Martinz (ÖVP), ihn eben nicht informiert hat. Er spricht auch nicht mit seinem Parteifreund Uwe Scheuch – ebenfalls im Landesholdig-Aufsichtsrat vertreten – über die Hypo, weil für derartige Informationen Martinz zuständig wäre.

Nichts Schriftliches

Im November 2009 hat die BayernLB das Angebot gemacht, eine Milliarde Euro zur Sanierung der Hypo Alpe Adria beizutragen, wenn auch die anderen Eigentümer (Land Kärnten, Mitarbeiterstiftung, Grazer Wechselseitige) bei einer Kapitalerhöhung mitziehen. Die Landesholding lehnte ab – und auch da will der Landeshauptmann nicht eingebunden gewesen sein. „Zeigen Sie mir etwas Schriftliches“, fordert er die Abgeordneten auf. Diese wiederum weisen ihn eindringlich darauf hin, dass er im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht aussagt.

Und Dörfler sagt, er sei nicht einmal darüber informiert gewesen, dass das Land Kärnten am 10. Dezember seine Bankguthaben von der Hypo abziehen wollte, was der Bank vermutlich endgültig den Todesstoß versetzt hätte. Den Auftrag dazu (der dann letztlich nicht ausgeführt wurde, weil die Notverstaatlichung dazwischenkam) hat sein Parteifreund Harald Dobernig gegeben. Der Finanzlandesrat hat dabei ohne Wissen und Rückendeckung des Landeshauptmannes agiert?

SMS von Josef Pröll

Erst am 12. Dezember 2009 um neun Uhr, so Gerhard Dörflers Darstellung, sei er eingeschaltet worden: Finanzminister Josef Pröll habe ein SMS geschickt, er möge dringend zu Verhandlungen nach Wien kommen. Selbst dann fährt Dörfler nach eigenen Angaben uninformiert und unvorbereitet hin. Die Unterlagen aus der Kärntner Landesholding habe er nicht gekannt. Und er habe geglaubt, es gehe um ein internes Meeting, in dem erst einmal die Verhandlungsstrategie besprochen wird.

In Wirklichkeit landete Dörfler mitten in den Verhandlungen zwischen Bund und BayernLB um die Notverstaatlichung der Bank. Und er sah sich alsbald einem enormen Druck ausgesetzt, den Konditionen zuzustimmen, die für das Land Kärnten vorgesehen wurden: Abgabe der Anteile des Landes an den Bund sowie eine Beteiligung an den Sanierungskosten in der Höhe von 200 Millionen Euro. Warum er dann entschieden habe, wenn er mit der Hypo ja nichts zu tun hatte? „Es war eine Entscheidung des Verhandlungsteams“, sagt Dörfler.

Übrigens hatte, wie am Mittwoch im Untersuchungsausschuss bekannt wurde, die Kärntner Landesregierung noch im Februar und März 2009 neuerliche Haftungen für die Hypo angedacht. In einem Brief an den bayerischen Finanzminister, Georg Fahrenschon, hatten Dörfler und Dobernig geschrieben, dass man bereit sei, für eine Anleihe Landeshaftung zu gewähren. Dies allerdings zu einem Zeitpunkt, als Landeshaftungen laut EU-Recht gar nicht mehr erlaubt waren.

Das sei „nichts Konkretes“ gewesen, sagt Dörfler. Es habe sich um ein Signal Kärntens Richtung Bayern gehandelt. Man habe zeigen wollen, dass das Land bereit sei, an der Stabilisierung der Bank mitzuwirken. SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer zitiert aus einer Regierungsvorlage, wonach eine Haftung von 700 Millionen Euro eingegangen werden sollte. Diese will Dörfler nicht kennen, was Krainer als „unglaubwürdig“ bezeichnet.

Team-Stronach-Abgeordneter Robert Lugar will daraufhin wissen, welche Haftungen Kärnten hätte bedienen können. Immerhin waren damals schon 20 Milliarden Euro offen. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Haftungen schlagend werden“, weicht Dörfler aus.

Zur Person

Gerhard Dörfler war Filialleiter der Volksbank Ossiach und Manager der Schleppe Brauerei in Klagenfurt, ehe er in die Politik ging. 2001 wurde er von Jörg Haider in die Kärntner Landesregierung geholt, wo er in verschiedenen Funktionen tätig war. 2008, nach dem Tod Haiders, wurde er Landeshauptmann. Nach der verlorenen Landtagswahl 2013 wechselte Dörfler in den Bundesrat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2016)

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