Staatsschulden: Billiges Geld aus der Notenpresse

(c) Bloomberg (Akos Stiller)
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Die EZB wird bis März 2017 etwa 14 Prozent der österreichischen Schuldpapiere aufgekauft haben. Der Staat profitiert von den niedrigen Zinskosten, die Schulden steigen dennoch.

Wien. Die direkte Staatsfinanzierung ist der Europäischen Zentralbank (EZB) zwar verboten. Das hindert sie aber nicht daran, indirekt zum Gläubiger einzelner Nationalstaaten zu werden. Denn die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) kauft stellvertretend für die EZB heimische Staatsanleihen auf.

Dies führt dazu, dass die Zentralbanker bis zum März des kommenden Jahres im Besitz von rund 14 Prozent aller ausstehenden Bundesanleihen sein werden. Das sagte der Chef der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA), Markus Stix, gestern im Klub der Wirtschaftspublizisten. Staatsanleihen sind nichts anderes als Schulden, die die Republik bei Investoren aufnimmt, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Die OeBFA ist für das Schuldenmanagement der Republik Österreich verantwortlich.

Der Wert von 14 Prozent ist freilich nur eine Hochrechnung und unter der Prämisse zu sehen, dass die Währungshüter in Frankfurt ihre selbst gesteckten Vorgaben einhalten. Weil die Konjunktur in der Eurozone nicht überragend und die Inflation weit von dem entfernt ist, wo die EZB sie haben will (bei zwei Prozent), hat sie 2015 ein umfassendes Anleihenkaufprogramm aufgelegt.

EZB drückt Renditen

Die Banken in Europa sollen auf diese Weise zum Verkauf ihrer Staatsanleihen animiert werden. Mit dem Geld, das die Institute einnehmen, sollen sie mehr Kredite vergeben, was in der Theorie sowohl der Wirtschaft als auch der Teuerungsrate zugutekommt.
Doch weil das Programm der Quantitativen Lockerung nicht die gewünschten Erfolge erzielte, wurde es erst im Dezember 2015 verlängert. Statt es im Herbst dieses Jahres auslaufen zu lassen, wird die Notenbank nun bis mindestens März 2017 auf dem Markt intervenieren. Unterm Strich geht es für die EZB um monatliche Ankäufe von 60 Mrd. Euro, Österreich nimmt sie laufend rund 1,2 Mrd. Euro ab. Ein so großer Käufer drückt freilich auf die Renditen.

Stix zufolge sei die EZB als neuer Player an den Märkten für Staatsanleihen bisher behutsam vorgegangen, die Befürchtungen von Engpässen hätten sich nicht bewahrheitet. Vergangenes Jahr hat die EZB einige Käufe sogar vorgezogen, um den im Sommer eher engen Markt nicht zu stören. Denn in den Sommermonaten werden weniger Anleihen gehandelt. Die Anleihenkäufe der EZB haben seitdem den Trend zu extrem niedrigen Anleihenzinsen nur noch beschleunigt, was den Krisenländern genauso nützt wie den potenten Schuldnern Deutschland und Österreich.

Lag die durchschnittliche Verzinsung neu aufgenommener österreichischer Schulden im Vorjahr bei 0,49 Prozent, erreichte sie 2009 noch 3,33 Prozent. Hier kam es also zu einem deutlichen Rückgang. Dies hat die Verzinsung des gesamten Schuldenportfolios Österreichs beeinflusst. Es fiel im Vorjahr erstmals unter die Marke von drei Prozent.

Zinsen sparen

Seit dem Jahr 2009 konnte sich die Republik Österreich auf diese Weise rund fünf Mrd. Euro an Zinsen ersparen. Für die seither aufgenommenen Schulden werden sich die Einsparungen auf rund 40 Mrd. Euro belaufen.

Für Anleger ist diese Entwicklung freilich bitter, weil sie für ihr Geld keine Zinsen mehr bekommen. Wer kurzfristig investiert, zahlt heute vielfach sogar noch drauf. In Österreich betrifft dies beispielsweise sämtliche Staatsanleihen mit einer Laufzeit von bis zu vier Jahren. Die Republik ist damit aber nicht allein. In Deutschland sind alle Staatspapiere mit einer Laufzeit von bis zu sechs Jahren betroffen. Unterm Strich liegen in der Eurozone Rentenpapiere (Staatsanleihen) mit einem Volumen von 1,9 Billionen Euro im Bereich negativer Zinsen.

Eine problematische Folge: Mit niedrigen Zinsen haben die Staaten keinen Druck, ihren Schuldenberg abzuarbeiten. Notwendige Reformen werden auf die lange Bank geschoben. Die Finanzschuld des Bundes lag zum Jahresende bei rund 199 Mrd. Euro. 2008 waren es fast 40 Mrd. Euro weniger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2016)

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