Energieeffizienz und ihre größten Feinde

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Peter Traupmann und Günter Simader wachen darüber, ob Österreich genug Energie einspart. Die größten Hindernisse: der niedrige Ölpreis und schummelnde Hersteller.

Die Presse: Als Monitoringstelle kontrolliert die Energieagentur, ob Österreich so viel Energie einspart wie vorgesehen. Seit 2015 dafür verantwortlich sind die Energielieferanten. Wie sie diese Pflicht erfüllen dürfen, wissen sie aber erst seit November. Hatten die Firmen genug Zeit?

Peter Traupmann: Da muss ich etwas zurechtrücken. Es gab zwar viel Verunsicherung, aber letztlich nie einen luftleeren Raum. Jede Einsparmaßnahme, die nachgewiesen werden kann, wird auch gelten. Ganz egal, ob sie in irgendeinem Katalog steht oder nicht.

Günter Simader: Es gibt seit November bestimmte Massenmethoden wie den Kauf von LED-Lampen oder energiesparenden Kühlschränken, die dem Lieferanten viel Aufwand ersparen. Er kann aber auch jede Maßnahme komplett individuell bewerten lassen. Es ist für jeden etwas dabei.

Einige Maßnahmen, die nun erlaubt sind, stehen scharf in der Kritik: Etwa die sogenannten Diesel-Additive. Hier sagen sogar manche Hersteller, dass sich die angerechneten Einsparungen nicht darstellen lassen.

Traupmann: Wir wissen schon, dass Reinigungsadditive eine gewisse Wirkung zeigen. Aber eine Einsparung von 0,6 Prozent in einem Flottentest nachzuweisen, wie das etwa die Grünen fordern, ist unmöglich. Da trete ich einmal das Gaspedal durch, und alles ist verfälscht. Darum fordert das Gesetz nun ein unabhängiges, standardisiertes Testverfahren. Jeder, der diese Maßnahme einreichen will, braucht einen Laborbefund. Im Vergleich liegt die Latte hier sehr hoch.

Kritik gibt es auch am LED-Lampentausch. Die Einspareffekte seien übertrieben, heißt es auch aus Ihrem Haus. Macht man es den Firmen hier zu einfach?

Simader: Konkret geht es dabei um die erwartete Einsatzzeit der Leuchtmittel pro Jahr. Für den neuen Maßnahmenkatalog wurde sie mit 1000 Stunden angenommen. In einer Studie von uns wird sie geringer eingeschätzt, das stimmt. Wir nehmen die Kritik, die überraschenderweise aus der Wirtschaft gekommen ist, gerne an und werden dem Ministerium vorschlagen, das zu ändern.

Traupmann: Wir überprüfen bei diesen Lampen auch, ob die Angaben auf den Verpackungen stimmen. Und da ist es schon so, dass es eine Schwemme an Leuchtmitteln aus China gibt, die ihre ausgewiesene Lichtstärke und Verbrauch nicht erreichen. Der Einspareffekt ist bei einem Tausch mit einer 50-Watt-Halogenlampe zwar immer noch da – egal, ob die LED nun 3,8 oder 4,2 Watt verbraucht. Aber es gibt Abweichungen bei LED-Lampen im zweistelligen Prozentsatz. Hier muss man die Konsumenten schon warnen.

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Leuchtmittelhersteller in der EU bei Angaben zu Leistung und Verbrauch systematisch schummeln. Wie kann das verhindert werden?

Traupmann: Die Hersteller haben nicht gesetzwidrig gehandelt, sondern lediglich die Toleranzen bei den Testverfahren voll ausgereizt. Das ist schwer zu verhindern, denn einen gewissen Toleranzbereich wird es immer geben müssen. Die Schwankungsbreiten müssen aber eingeengt werden.

Wie stellen Sie eigentlich sicher, dass ich nach dem Kauf eines neuen Kühlschranks nicht sogar mehr Energie verbrauche, weil der alte im Keller weiterläuft?

Simader: Was Sie skizzieren, ist der größte Feind der Energieeffizienz, der sogenannte Rebound-Effekt. Vor allem bei Einfamilienhäusern ist die Problematik mit den Kühlschränken bekannt. Im alten Methodendokument war daher der Nachweis der Entsorgung Pflicht. Das wurde nun gestrichen. Wer sich aber die volle Einsparung anrechnen lassen will, muss das alte Gerät immer noch nachweislich entsorgt haben.

Im Moment ist der größte Feind der Energieeffizienz doch eher der niedrige Ölpreis, oder?

Traupmann: Der niedrige Ölpreis senkt die Bereitschaft, alte Heizsysteme zu tauschen, enorm. Das ist bedauerlich, denn gerade hier und im Bereich der Sanierung erhoffen wir uns den größten Einsparungseffekt für Österreich. Aber wenn ich früher 5000 Euro für eine Tankfüllung bezahlt habe und heute nur 3000, überlege ich mir natürlich, ob ich mir um 20.000 Euro die Fenster tauschen lasse.

Welche Maßnahmen wurden bisher am häufigsten eingereicht?

Simader: Zunächst werden die tief hängenden Früchte geerntet, also LED-Lampen verkauft, Rohrleitungen gedämmt, Wasserarmaturen getauscht. Auch das hat größere Effekte, als man denkt.

Traupmann: Großes Potenzial gibt es bei den Klein- und Mittelbetrieben, die bisher einfach nicht die Zeit hatten, sich mit diesen Themen zu befassen. Hier werden nun die Energieversorger Beratungen anbieten, wie diese Firmen Energie und damit Geld einsparen können.

ZUR PERSON

Peter Traupmann(geboren 1962) ist Chef der Österreichischen Energieagentur. Als Monitoringstelle Energieeffizienz ist sie dafür verantwortlich zu kontrollieren, ob die Energielieferanten den Verbrauch ihrer Kunden wie gesetzlich gefordert um 0,6 Prozent im Jahr verringern.

Günter Simader(geboren 1966) leitet die Monitoringstelle Energieeffizienz. Bis 14. Februar haben die Unternehmen noch Zeit, Einsparmaßnahmen für die Jahre 2014 und 2015 zu melden. [ Energieagentur ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2016)

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