Dass die Kärntner Haftungen im Falle von Konkurs oder Geschäftsaufsicht sofort schlagend werden, war schon zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung umstritten.
Wien. Österreich hatte bei den Verhandlungen zur Notverstaatlichung der Hypo schlechte Karten, weil das Risiko viel höher war, so das Argument der damaligen Entscheidungsträger um Finanzminister Josef Pröll, Bundeskanzler Werner Faymann und Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny. Während die BayernLB bei einem Konkurs sechs Milliarden Euro verloren hätte, seien für Österreich weit mehr als 20 Milliarden auf dem Spiel gestanden.
In der Aufstellung, die die Nationalbank damals vorgelegt hat, und die sich unter anderem mit den Auswirkungen eines Konkurses auf andere Banken befasst, sticht eine Zahl besonders hervor: Die 19 Milliarden Euro, die das Land Kärnten damals an Haftungen für die Hypo hatte. Diese wären bei einem Scheitern der Verhandlungen am darauffolgenden Montag sofort schlagend geworden, wenn die Finanzmarktaufsicht die Geschäftsaufsicht über die Bank verhängt oder diese in Konkurs geschickt hätte, so das Argument, das auch Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, am Donnerstag vorbrachte.
Genau das ist aber umstritten – und war es damals schon. Die Kärntner Landesholding hat kurz vor den Verhandlungen bei Rechtsanwalt Andreas Oman ein Gutachten zu den Haftungen in Auftrag gegeben. Und dieses mit 7. Dezember 2009 datierte Gutachten kommt zum gegenteiligen Schluss: Bei der Eröffnung der Geschäftsaufsicht werden die Haftungen nicht schlagend, weil es sich dabei eben um keinen Konkurs handelt, sondern um ein Verfahren, um ebendiesen zu verhindern.
Und auch im Falle eines Konkurses widerspricht der Gutachter der von den Verhandlern immer wieder vorgebrachten Ansicht, die gesamten 19 Milliarden wären sofort fällig gewesen. Denn erstens könne der Bürge erst in Anspruch genommen werden, wenn die Hauptschuld fällig ist. Und zweitens könne man den Ausfallsbürgen erst dann belangen, wenn feststeht, dass „der Gläubiger infolge Versagens der sonstigen Sicherheiten einen Verlust erleidet“. Sprich: Zuvor wäre das Hypo-Vermögen zu verwerten gewesen, der Verlust Kärntens wäre also deutlich niedriger als die 19 Milliarden gewesen.
Dörfler wusste nichts
Haben sich die Verhandler also völlig unnötig selbst in eine schlechtere Position manövriert? Das Gutachten selbst hat jedenfalls im österreichischen Verhandlungsteam keine Rolle gespielt. Die Landesholding selbst saß nicht mit am Tisch. Und Landeshauptmann Gerhard Dörfler, der für Kärnten verhandelte, hat im U-Ausschuss schon angegeben, dieses Gutachten nicht gekannt zu haben – und auch sonst recht wenig über das Hypo-Schlamassel gewusst zu haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2016)