E-Control-Chefs müssen ein Jahr weiter beschäftigt werden

Bleibt Walter Boltz doch im Amt?
Bleibt Walter Boltz doch im Amt? (c) Michaela Bruckberger
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Eine Vertragsklausel macht es möglich: Walter Boltz und Martin Graf dürften deutlich länger bei der E-Control bleiben als gedacht.

Wien. Seit Monaten schiebt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) eine Entscheidung vor sich her: Wer soll der mächtigste – oder zumindest der lästigste – Mann im heimischen Energiegeschäft werden? Mit Ende März laufen die Verträge der bisherigen E-Control-Vorstände, Walter Boltz und Martin Graf, aus. Die Neubestellung der beiden Hüter des Wettbewerbs im Strom- und Gasmarkt fällt in Mitterlehners Verantwortung – und langsam drängt die Zeit.

Ticket für „ein weiteres Jahr“

Theoretisch könnte die Sache ja ganz einfach sein. Fachlich spricht nichts dagegen, die Verträge der bisherigen Vorstände zu verlängern. In der Praxis ist die Neubesetzung allerdings zum großkoalitionären Politikum verkommen. Walter Boltz, als Kandidat der ÖVP, dürfte weitgehend außer Frage stehen, erzählt man sich in der Branche. Anders sei die Lage beim roten Vorstand, Martin Graf. Er habe sich in den vergangenen Jahren zu oft mit den Wiener Stadtwerken – und damit dem roten Wien – angelegt und soll deshalb auf Wunsch der Wiener abgelöst werden. Beerben soll ihn Andreas Eigenbauer, der als Referatsleiter für strategische Energieangelegenheiten im Magistrat tief in der Wiener SPÖ verwurzelt ist.

Die Tage von Martin Graf seien bei der E-Control jedenfalls gezählt, wollen Brancheninsider wissen.
Doch sie könnten sich irren. Und zwar gewaltig. Denn ganz so leicht lässt sich weder Walter Boltz noch Martin Graf ablösen. Wie „Die Presse“ in Erfahrung bringen konnte, haben sich die beiden Energieregulatoren vertraglich zusichern lassen, dass sie mit einigem Vorlauf erfahren, müssten sie sich um einen neuen Job umsehen. Sechs Monate vor Vertragsende, also im vergangenen Herbst, hätten Boltz und Graf demnach zumindest formell vorgewarnt werden müssen. Nichts dergleichen ist geschehen.

Ergo haben die beiden ein Ticket, „zumindest für ein weiteres Jahr“ im Unternehmen zu bleiben, so Insider. Nicht zwingend als Vorstand, aber immerhin.
Für Reinhold Mitterlehner macht das die Entscheidung nicht einfacher. Er soll weder von Graf noch von Eigenbauer sonderlich angetan sein. Doch selbst wenn er dem Wunsch der Wiener SPÖ nachgeben und Graf ablösen wollte, müsste er sich immer noch dafür rechtfertigen, warum Graf ein weiteres Jahr auf der Gehaltsliste stünde.

Die Chancen, dass sowohl Boltz als auch Graf noch einige Zeit bei der E-Control tätig sein werden, stehen also eher gut. Im Ministerium heißt es nur, dass die Vorstände fristgerecht bestellt würden.

Zweifel an Unabhängigkeit

Aber nicht nur die Vorstände, auch die Regulierungskommission der E-Control, die sich etwa um die Streitschlichtung zwischen Gasversorgern kümmert, muss neu besetzt werden. Auch das dauert länger als üblich. Der Grund: Die bisherige Praxis, die Mitglieder „sozialpartnerschaftlich zu beschicken“, also exklusiv in roten und schwarzen Interessenvertretungen zu rekrutieren, kann nicht mehr weitergehen. Dafür hat der Verwaltungsgerichtshof mit einem Urteil vor einem guten Jahr gesorgt. Die Höchstrichter hoben einen Bescheid der E-Control mit der Begründung auf, dass die notwendige Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission nicht gewährleistet sei.


Konkret ging es um ein Kommissionsmitglied, das auch Energieexpertin bei der Arbeiterkammer war. Betroffen sind aber mehr Mitglieder. So war etwa der nunmehrige Vorstandskandidat, Andreas Eigenbauer, dem Höchstgericht 2014 schon als Kommissionsmitglied ein Dorn im Auge. Aber nicht nur die SPÖ, sondern auch die ÖVP hat „ihre“ hauptberuflichen Interessenvertreter im Nebenjob in die Regulierungskommission gesetzt.

Nun wird in der Koalition gestritten, welche Funktionäre die Parteien jeweils aus dem Gremium streichen müssen – und schlimmer: wie sie ersetzt werden können. Die Höchstrichter fordern „neutrale Fachexperten“. Die wollen in Österreich erst einmal gefunden werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2016)

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