Basel IV: Aufsicht könnte Banken zu Verkäufen zwingen

Die Voest gehört zu rund 20 Prozent zwei oberösterreichischen Banken. Pläne für strengere Kapitalvorschriften könnten diese Beteiligung in den Büchern der Institute sehr teuer machen.
Die Voest gehört zu rund 20 Prozent zwei oberösterreichischen Banken. Pläne für strengere Kapitalvorschriften könnten diese Beteiligung in den Büchern der Institute sehr teuer machen.(c) BARBARA GINDL / APA / picturedesk
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Laut den Plänen für die Eigenkapitalvorschriften Basel IV werden Industriebeteiligungen von Banken für diese sehr teuer. Das könnte Banken dazu bringen, sich von ihren Anteilen an heimischen Unternehmen zu trennen.

Wien. Es ist nicht gerade die Lektüre für einen entspannten Abend: das „Zweite Konsultationsdokument zur Überarbeitung des Kreditrisiko-Standardansatzes“, das vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht am 10. Dezember des Vorjahres veröffentlicht wurde. Auf 64 Seiten wird darin in aller Komplexität auf Eigenkapitalpositionen, Risikogewichtungen oder Kernkapitalquoten eingegangen, die für Banken in Zukunft gelten sollen. Die meisten Österreicher dürften das Konvolut daher nicht wahnsinnig fesselnd finden. Und doch enthält es Punkte, die bei Verwirklichung maßgeblichen Einfluss auf die heimische Wirtschaft und auf Unternehmen mit tausenden Beschäftigten haben.

Denn in den Plänen ist unter anderem enthalten, dass Finanzinstitute für Beteiligungen an Unternehmen, die selbst keine Banken sind, künftig eine höhere Risikogewichtung vornehmen sollen. Von bisher 100 Prozent des in der Bilanz stehenden Beteiligungswertes soll diese Gewichtung auf 250 Prozent erhöht werden. Ein Punkt, der in der heimischen Branche die Alarmglocken schrillen ließ. Denn während direkte Firmenbeteiligungen durch Banken in anderen Ländern selten vorkommen, sind sie aus historischen Gründen – etwa wegen des nur schwach ausgeprägten Kapitalmarktes – hierzulande weit verbreitet.

Oft wurden diese Beteiligungen nämlich auch verwendet, um einen heimischen Kernaktionär bei wirtschaftspolitisch wichtigen Unternehmen zu schaffen. So wie etwa beim Stahlkonzern Voest, der 2003 vollständig privatisiert wurde. Damals gab es großen Widerstand bei Gewerkschaft und Mitarbeitern. Gelöst wurde das Problem durch die Schaffung einer oberösterreichischen Aktionärsgruppe. Seither halten neben den Mitarbeitern die regionalen Finanzinstitute Oberbank und Raiffeisenlandesbank knapp acht beziehungsweise rund 14 Prozent an der Voest – nebst Anteilen an vielen weiteren lokalen Firmen.

In den Büchern der beiden Banken machen sich die Beteiligungen mit Beträgen in Größenordnungen von jeweils hunderten Millionen Euro bemerkbar. Wird nun die Risikogewichtung mehr als verdoppelt, würde dadurch viel des für die Kreditvergabe wertvollen Eigenkapitals gebunden werden, so die Befürchtung. Ein Problem, das nicht nur auf die Voest und die oberösterreichischen Banken beschränkt ist.

Verkäufe ans Ausland?

Sollten die derzeit diskutierten Regeln wirklich umgesetzt werden, könnte dies daher weitreichende Konsequenzen haben. „Diese nur unzureichend begründeten Erhöhungen der Risikogewichte werden unweigerlich dazu führen, dass Kreditinstitute ihre Beteiligung an Unternehmen verkaufen werden“, heißt es dazu in einem Papier, das in der Branche kursiert und der „Presse“ vorliegt. Der Verkauf werde dann in vielen Fällen wohl auch an Ausländer erfolgen müssen, sagt ein hochrangiger Banker dazu.

Noch ist dies zwar eine Gefahr, die erst am Horizont auftaucht. Denn vollständig umgesetzt sind noch nicht einmal die Vorgängerregeln Basel III. Allerdings ist allen Beteiligten klar, dass es künftig zu weiteren Verschärfungen kommen wird, weshalb bereits vorsorglich auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) über die Thematik informiert wurde.
Man nehme die Kritik der Banken ernst und sehe die Probleme, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Allerdings sei Basel IV noch weit von einer Umsetzung auf der politischen Ebene entfernt. Zudem seien im Basler Ausschuss auch nur Vertreter der zehn größten Industrienationen sowie einer Reihe anderer wichtiger Industrie- und Schwellenländer vertreten. Österreich gehört nicht dazu.

Allerdings will das Ministerium in den kommenden Monaten in Gesprächen mit den heimischen Banken zu einer gemeinsamen Linie kommen, um sich früh genug einzubringen, wenn die Diskussion auf die EU-Ebene übergeht, damit man dann nicht „überrollt“ werde. Im Basler Ausschuss wird nämlich nur eine Empfehlung für die Politik erstellt. Diese dürfte laut Beobachtern im Lauf des kommenden Jahres fertig sein.

Auf einen Blick

Der Basler Ausschuss hat im Dezember Pläne für die künftige Ausgestaltung der Kapitalvorschriften für Banken veröffentlicht. Darin enthalten ist auch, dass Firmenbeteiligungen – etwa an Industrieunternehmen – mit wesentlich mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen als bisher. Das könnte heimische Banken dazu zwingen, sich von manchen Beteiligungen zu trennen, befürchtet die Branche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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