Brandbrief an Brüssel: Europa fürchtet um Stahlindustrie

Symbolbild: Stahlindustrie
Symbolbild: StahlindustrieAPA/HANS KLAUS TECHT
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Heimische Hersteller werfen vor allem China und Russland Dumpingpreise vor. Man dürfe nicht warten, bis die Schäden irreversibel werden.

Die Krise der Stahlindustrie lässt in Europa die Alarmglocken schrillen. In einer gemeinsamen Initiative warnten Deutschland, Großbritannien, Frankreich und weitere EU-Länder am Sonntag vor einem Zusammenbruch der Branche und dringen auf raschen Schutz vor der Billigkonkurrenz aus China und Russland. Unterzeichnet haben auch Ministerkollegen aus Italien, Polen, Belgien und Luxemburg. Am Montag schloss sich auch Österreich an.

"Die Europäische Union kann nicht untätig bleiben", mahnten am Sonntag die Minister der sieben Staaten in einem Brandbrief an die EU-Kommission. Zunehmende Arbeitsplatzverluste und Schließungen von Stahlstandorten zeigten, dass die Existenz des gesamten Industriezweigs in Europa gefährdet sei. Das Schreiben wurde von Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron angestoßen.

Sie appellierten an die Kommission, alle Mittel auszuschöpfen, um gegen unlautere Handelspraktiken ausländischer Stahlproduzenten vorzugehen. Die heimischen Hersteller werfen vor allem China und Russland Dumpingpreise vor. EU-Handelskommissarin Cecilia Malström hatte am Freitag noch für diesen Monat drei neue Anti-Dumping-Verfahren gegen chinesische Stahlimporte angekündigt. Insidern zufolge sollen auf die Einfuhr bestimmter Stahlsorten aus der Volksrepublik sowie aus Russland Zölle erhoben werden.

Dies geht den Ministern allerdings nicht weit genug. Sie verlangen auch Verfahren wegen weiterer Stahlsorten, die aus der Volksrepublik kommen. "Wir dürfen nicht warten, bis der Schaden durch unfaire Praktiken für unsere Branche irreversibel wird", heißt es in ihrem Schreiben, das am Freitag abgeschickt wurde. China warnte hingegen vor der Einführung von Strafzöllen. Um die europäischen Vorwürfe zu klären, müsse zunächst die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet werden, forderte das Handelsministerium in Peking.

Österreich schließt sich an

Österreich schloss sich der Initiative am Montag an und setze auf weitere Gespräche auf EU-Ebene, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. "Ein starker und wettbewerbsfähiger Stahlsektor ist von entscheidender Bedeutung für die industrielle Basis Europas und die damit verbundenen Arbeitsplätze", wird Minister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zitiert. Die Stahlindustrie sei eng mit Branchen wie der Automobil- und Bauindustrie und den Sektoren Elektronik, Maschinenbau und Elektrotechnik verflochten. "Dieses Know-how muss in Europa gehalten werden", so der Minister.

EU auf Rang zwei

In der weltweiten Stahlproduktion steht die EU an zweiter Stelle, die Nummer eins ist China. Die chinesischen Hersteller drängen verstärkt auf die Weltmärkte, da die heimische Nachfrage schwächelt. Die Stahlpreise sind massiv gefallen - auch wegen internationaler Überkapazitäten. Die europäischen Stahlkocher sehen sich zudem durch hohe Energiepreise und Umweltsteuern belastet. Sie haben nach Verbandsangaben seit 2008 rund 85.000 Stellen abgebaut, das sind mehr als 20 Prozent der Beschäftigten insgesamt.

Die deutsche Stahlindustrie mit Branchengrößen wie Thyssenkrupp und Salzgitter erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Rohstahlproduktion von drei Prozent auf 41,5 Millionen Tonnen. 2007 belief sich das Volumen noch auf 48,3 Millionen Tonnen.

(APA/Reuters)

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