Die Telekom kauft sich Wachstum

Die Telekom Austria will viel Geld in die Hand nehmen, um das zarte Wachstum zu erhalten. In Österreich fließt eine halbe Milliarde Euro in den neuen „Festnetzboom“.

Wien. Die teilstaatliche Telekom Austria meldet sich zurück. Im vergangenen Jahr verdiente das Unternehmen 393 Millionen Euro – mehr als im gesamten halben Jahrzehnt zuvor. Auch Umsatz (vier Milliarden Euro) und Kunden (24 Millionen) stiegen erstmals seit Jahren wieder leicht – und so soll es auch bleiben, versicherte der seit Sommer amtierende Vorstandschef aus Argentinien, Alejandro Plater.

Dafür ist der Vertrauensmann des Mehrheitseigners, América Móvil, bereit, Milliarden in die Hand zu nehmen. Ein Großteil der geplanten Investitionen werden planmäßig nach Österreich gehen. Hier will das Unternehmen 500 Millionen Euro investieren, um den langsam startenden „Festnetz-Boom“ weiter zu fördern. Das letztjährige Kundenplus von 23,7 Prozent in diesem Bereich hat der Konzern freilich nicht dem alten Schnurtelefon zu verdanken, sondern dem gestiegenen Interesse der Österreicher an schnelleren Festnetz-Internetverbindungen. Im Vorjahr griffen fast fünf Mal so viele Kunden hierzulande zu schnelleren (und teureren) Internetprodukten des Konzerns. Absolut betrachtet sind diese lukrativen Hoffnungskunden von morgen aber noch verschwindend wenige. Zudem ist die Strategie zwar sinnvoll, aber nicht ganz risikolos. Der geforderte Ausbau der Glasfaserinfrastruktur ist vergleichsweise kostspielig und rechnet sich im Schnitt erst nach zehn bis zwölf Jahren.

Noch nicht groß genug für Europa

Das Ziel, zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten in Europa zu werden, wird die Telekom mit dem Glasfaserausbau in Österreich allein ohnedies nicht erreichen können. „Wir sind nicht groß genug, um in Europa relevant zu sein“, sagt Plater. Das soll sich vor allem durch eine forcierte Übernahmetätigkeit ändern. Schon im Vorjahr basierte die Steigerung der Kundenzahl um rund eine Million stark auf Akquisitionen kleinerer Mitbewerber. In Bulgarien kaufte die Telekom – noch unter Platers Vorgänger – den Kabelanbieter Blizoo mit 378.000 Kunden zu, Amis Telekom brachte 90.000 Kunden in Slowenien und Kroatien. Das Geschäft im Osten lief im Vorjahr zwar besser als 2014, als große Wertberichtigungen notwendig waren, aber noch nicht wirklich rund. Vorerst werde sich das Unternehmen daher darauf konzentrieren, die bestehenden Tochterfirmen wieder auf Kurs zu bringen, erst „dann gehen wir weiter“, so Plater.

Fraglich ist, wie die Telekom diesen Wachstumskurs finanzieren will. Derzeit ist das Unternehmen mit 2,6 Milliarden Euro verschuldet. Plötzliche Übernahmen würden diese Kennzahl weiter von den angestrebten zwei Milliarden entfernen. Zudem ist das Unternehmen mit rund vier Prozent Zinsen relativ teuer verschuldet. An eine Umschuldung oder eine frühere Rückzahlung der Anleihen denkt Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer nicht. „Wir planen auch keine Kapitalerhöhung“, stellt er klar. Die bisher geplanten Investitionen könne das Unternehmen selbst finanzieren.

„Ich glaube nicht an große Sparpakete“

Auf der Kostenseite setzte der Konzern im Vorjahr wieder bei den Mitarbeitern in Österreich an. Ihre Zahl ging um 1,4 Prozent auf rund 8500 zurück, während sie konzernweit auf 17.700 stieg. Im Jänner waren noch 44 Beamte in der Telekom Austria dienstfrei gestellt. Deutlich weniger als noch vor einigen Jahren. Auch für 2016 seien „200 Maßnahmen definiert, die substanzielle Einsparungen bringen sollen“. Von einem Sparkurs will der Vorstand nicht reden. „„Ich glaube nicht an große Sparpakete“, sagt Alejandro Plater. „Wir müssen jeden Tag effizienter werden.“ Eine finanzielle Belastung konnte die Telekom bereits abwenden: Die Dividende bleibt trotz des guten Jahres bei fünf Cent je Aktie. Dem Vernehmen nach hatte die Republik als Miteigner (28,4 Prozent) auf eine höhere Gewinnausschüttung gedrängt.

Kein Szenario für Börserückzug

Die Aktionäre zeigten sich von den Zahlen angetan. Das Papier der Telekom stieg am Mittwoch um knapp fünf Prozent. Das dürfte auch den mexikanischen Mehrheitseigner, América Móvil, freuen. Dieser muss seinen Anteil heuer von 60 auf 50 Prozent reduzieren. Da die Aktie aber seit dem Einstieg der Mexikaner stark gefallen ist, müssten sie dabei einen schmerzlichen Verlust hinnehmen. Spekulationen, dass die Eigentümer stattdessen einen kompletten Rückzug von der Wiener Börse anstreben, wollte Alejandro Plater nicht kommentieren. „Uns hat niemand den Auftrag gegeben, ein derartiges Szenario zu entwickeln“, sagte er. Nachsatz: Darum müsse sich gegebenenfalls der Eigentümer selbst kümmern. „Das fällt nicht in unseren Aufgabenbereich.“ (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

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