Ohne Job: Generation Krise

(c) AP (Muhammed Muheisen)
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Der Einstieg ins Berufleben wird schwieriger. Die Jugendarbeitslosigkeit steigt daher deutlich stärker als die allgemeine Arbeitslosenquote. Firmen nehmen lieber freigesetzte Mitarbeiter als Neueinsteiger.

Letztes Schulzeugnis, Sponsion, Promotion – die Stimmung dieser Tage ist gut. Die Karten der Jungen auf dem Arbeitsmarkt schauen allerdings viel schlechter aus. In der Krise setzen viele Firmen auf Einstellungsstopp, bevor sie ihre Stammbelegschaft kündigen. Wer dennoch einstellt, hat eine große Auswahl. „Da nimmt man lieber die freigesetzten Mitarbeiter der Konkurrenz, die einschlägige Erfahrung haben als einen Neueinsteiger“, stellt Helmut Hofer, Arbeitsmarktexperte am Institut für Höhere Studien (IHS), fest. Die Jungen gehen häufig leer aus. Im Juni gab es in Österreich um 38,6 Prozent mehr Arbeitslose unter 24 Jahren als vor einem Jahr. Je älter man ist, desto krisenfester scheint der Job zu sein: Bei den über 50-Jährigen kletterte die Arbeitslosigkeit „nur“ um ein Viertels.

Ältere haben in der Krise bessere Karten

Da hilft es wenig, dass die Lohnunterschiede zwischen Jung und Alt in kaum einem europäischen Land so stark sind wie in Österreich. „Bezahlung ist nicht alles“, stellt Hedwig Lutz, Arbeitsmarktexpertin am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), fest. Die Firmen verlassen sich lieber auf ihr eingespieltes Team, statt Neue einzustellen. „Das stark ausgeprägte Senioritätsprinzip schadet zwar den Älteren auf dem Arbeitsmarkt, nützt aber den Jüngeren nichts“, bestätigt Hofer. Ältere Arbeitnehmer würden eher durch 40-Jährige ersetzt als durch Berufseinsteiger. Oder ihr Job fällt ganz weg. Ältere in Frühpension zu schicken, sei jedenfalls kein Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit, sind sich beide Experten einig.

Insgesamt geht es Österreichs Jugendlichen noch relativ gut: Hierzulande liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 8,4 Prozent. EU-weit beträgt sie 19,5 Prozent. In den meisten Ländern gestaltet sich der Berufseinstieg noch schwieriger: In Frankreich oder Großbritannien ist der Anteil derer, die ohne jede einschlägige Ausbildung einen Job suchen, höher als in Österreich, wo viele eine Lehre oder einen HTL-Abschluss haben.

Bei den Politikern schrillen dennoch die Alarmglocken. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will die überbetrieblichen Lehrstellen von 10.000 auf 12.000 aufstocken. Dann würde es zusammen mit den betrieblichen Lehrstellen mehr Plätze als Suchende geben – auch wenn es da und dort regionale Probleme gibt. 2000 junge arbeitslose Leiharbeiter sollen in einer Stiftung unterkommen. Für Praktikanten soll es arbeitsrechtliche Verbesserungen geben. Die Ökonomen begrüßen diese Pläne. „Bevor jemand gar nichts tut, ist es besser, etwas zu lernen“, meint Lutz. Zudem habe man mit einer Ausbildung höhere Jobchancen als ohne. „Besser, man verwendet das Geld dafür als für mehr Frühpensionierungen“, sagt Hofers.

Manche haben starke Defizite

An der hohen Jugendarbeitslosigkeit ist aber nicht nur die Krise schuld: Zum einen suchen Junge erst einen Job und wechseln dann öfter. Zum anderen gibt es strukturelle Probleme: Hofer schätzt den Anteil derer, die „starke Defizite“ bei der Sprache, beim Rechnen oder bei den Umgangsformen haben, auf zehn Prozent. Vor 20 Jahren wären sie als Hilfsarbeiter untergekommen. Mittlerweile sind die Jobs, bei denen man keinen Computer bedienen oder Rechnungen ausstellen muss, selten geworden. Die Defizite müssten schon in der Schule bekämpft werden.
„Da muss man auch Geld in die Hand nehmen“, fordert der Experte. So müsse es mehr Förderunterricht und kleinere Klassen geben. „Derzeit sind die Pädagogen oft schon zufrieden, wenn die drei Schwächsten in der Klasse wenigstens ruhig sind.“

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