IWF-Bericht: Steuerlast auf Arbeit in Österreich "abnormal hoch"

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Die Republik hat die höchsten Staatsausgaben aller entwickelten Nationen, ohne bei Bildung und Gesundheit entsprechende Spitzenergebnisse zu erzielen. Ohne Pensionsreform droht Verdopplung der Rentenkosten.

Washington. „Österreich ist stabil und wohlhabend“, lautet der erste Satz des heurigen Berichts, in dem der Internationale Währungsfonds (IWF) seinen Gedankenaustausch mit der Bundesregierung über den Zustand der österreichischen Volkswirtschaft zusammenfasst. Der Rest dieses aus der jährlichen sogenannten Artikel-IV-Konsultation resultierenden Papiers ist allerdings eine harte Kritik am politischen Reformstau, der mittelfristig eben jene Stabilität und Prosperität im Land zu gefährden droht.

Der Fonds lobt zwar die Einkommensteuerreform des vergangenen Jahres dafür, „eine Menge dazu beizutragen, die abnormal hohe Steuerlast auf Arbeit“ zu senken. Doch die im Vergleich zu den anderen entwickelten Industriestaaten der OECD außergewöhnlich hohen Ausgaben für die Pensionen, das Gesundheitswesen sowie das Schulsystem und die öffentliche Verwaltung im Allgemeinen werden mittelfristig zu einem schweren Problem für Österreich. „Ein entschlossener Reformschub ist notwendig, um diese Themen anzugehen und Österreichs hohe Lebensstandards zu bewahren“, resümieren die Direktoren des Fonds am Ende des Berichts.

52,7 Prozent Staatsausgaben

Dieser Reformschub sollte in erster Linie beim Pensionssystem beginnen. „Österreich führt die OECD-Länder bei der Staatsausgabenquote an, während die Ergebnisse, die mit diesem Niveau an Ausgaben verbunden sind, nicht besser sind und in manchen Fällen schlechter als die besten Resultate“, mahnt der Fonds. Im Jahr 2014 machten die österreichischen Staatsausgaben 52,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Im Durchschnitt der OECD-Länder waren es nur 45,8 Prozent.

42 Prozentpunkte von diesen Staatsausgaben entfallen auf das Sozialwesen. Sie liegen um fünf Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt. Die Ausgaben pro Schüler liegen um 30 Prozent über dem OECD-Schnitt, die Gesundheitsausgaben sind um ein Fünftel höher als im Durchschnitt des Rests der entwickelten Welt. Dasselbe gilt für die allgemeinen Kosten der Verwaltung, einschließlich der staatlichen Subventionen.

Tatsächlich bekommen die Österreicher für diesen Preis wesentlich schlechtere Leistungen, als es die hohen Kosten vermuten lassen würden. Die Österreicher trinken und rauchen wesentlich mehr, als es im Rest der OECD üblich ist; in keinem anderen vergleichbaren Land ist der Anteil der 15-jährigen Raucher so hoch. „Das Angleichen der Ausgaben an den OECD-Schnitt könnte 25 Prozent der Gesundheitsausgaben einsparen, ohne die Ergebnisse zu beeinträchtigen“, heißt es im Bericht.

Ähnlich die Lage beim Bildungswesen. Die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben pro Schüler (von der Volks- bis an die Hochschule) sind mehr als 30 Prozent höher als im OECD-Durchschnitt, „und sie sind signifikant höher als in Ländern, die viel bessere Ergebnisse erzielen. Doch gleichzeitig verbringen österreichische Kinder von sieben bis 14 Jahren wesentlich weniger Gesamtzeit in der Schule als im OECD-Durchschnitt.“

Das größte Problem für die langfristige Tragbarkeit der österreichischen Staatsfinanzen sei aber das Pensionssystem. Es sei „großzügiger als jenes in Ländern, die viel rascher altern (zum Beispiel Italien)“. Das liege daran, dass die Österreicher viel früher in Rente gingen als die Menschen in anderen OECD-Ländern und am niedrigeren Pensionsantrittsalter für Frauen. Die hohe Zahl von Frühpensionen und Invaliditätsrentnern „beeinträchtigt die langfristige Nachhaltigkeit des Pensionssystems negativ“. Ihr niedrigeres Pensionsalter trägt zur Altersarmut der Frauen bei: Im Jahr 2008 lag ihre Durchschnittspension um 35 Prozent unter jener der Männer, nun sind es 42 Prozent.

31 Prozent höhere Pensionen

Das österreichische Rentensystem ist in Summe auch um 31 Prozent großzügiger als im Rest der Welt. Das alles erhöhe die Notwendigkeit einer raschen Rentenreform: Steigt die Lebenserwartung der Österreicher erwartungsgemäß um zwei Jahre, bedeute das eine Verdopplung der Pensionskosten bis 2060.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2016)

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