Lenkt die Opposition bis Herbst nicht ein, kommt Österreich auf die „schwarze Liste“ der unkooperativen Steueroasen.
Wien. Die Meldung wurde vor allem im Ausland mit großem Interesse aufgenommen: Österreich wird sein Bankgeheimnis vorerst nicht aufweichen. Denn für die erforderliche Zweidrittelmehrheit braucht die Regierung die Unterstützung der Opposition.
Doch diese legte sich am Mittwoch im Parlament quer. Die Freiheitlichen lehnen die Gesetzesänderung grundsätzlich ab. Die Grünen und das BZÖ knüpften die Zustimmung an die Bedingung, dass nach dem Bauskandal am Wiener Flughafen die Prüfkompetenzen für den Rechnungshof ausgeweitet werden. Davon wollen die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aber nichts wissen.
Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) befürchtet, dass nun der Standort Österreich geschwächt wird. Die Opposition sei dafür verantwortlich, wenn Österreich nicht von der grauen OECD-Liste der Steueroasen genommen wird. Auf der Liste führt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jene Staaten an, die sich den international vereinbarten Standards über den Austausch von Bankdaten zwar angeschlossen, sie aber noch nicht umgesetzt haben.
Luxemburg hat es schon geschafft und wurde gestern von der Steueroasenliste gestrichen. Auch die Schweiz, Andorra, Liechtenstein und Monaco wollen im Sommer die OECD-Regeln übernehmen. Experten zufolge wäre es mehr als peinlich, wenn in Europa nur Österreich neben der britischen Steueroase Jersey übrig bliebe. Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) warnte: Wenn Österreich isoliert bleibe, könnte das Land sogar auf die schwarze OECD-Liste kommen.
Drohungen aus Deutschland
Vor allem von deutscher Seite sind verschärfte Maßnahmen zu befürchten. Anfang Juli hat die Regierung in Berlin das umstrittene „Gesetz gegen Steuerflucht“ beschlossen. Demnach müssen deutsche Bürger und Firmen ihr Finanzamt genauer informieren, wenn sie Geschäfte in international geächteten Steueroasen machen. Weigern sich die Unternehmen, kann ihnen das Finanzamt Vergünstigungen streichen. Dazu zählen der Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten, die Steuerbefreiung für Dividenden sowie Entlastungen von der Kapitalertragsteuer. Noch ist unklar, welche Länder von Deutschland als Steueroasen eingestuft werden.
Allerdings hatte Berlins Finanzminister Peer Steinbrück in der Vergangenheit auch Österreich massiv kritisiert. Im Parlament wurde das Gesetz zur Lockerung des Bankgeheimnisses an den Finanzausschuss zurückverwiesen. Die Regierung hofft auf eine Einigung bis Herbst. Am 24. und 25. September wird in den USA der nächste G20-Gipfel abgehalten. Dann könnten die führenden Industrienationen Maßnahmen gegen Österreich beschließen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2009)