Bald rezeptfreie Medikamente auch im Drogeriemarkt?

(c) Bruckberger
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Seit 2015 dürfen Online-Apotheken rezeptfreie Medikamente verkaufen. Die Drogeriekette dm fühlt sich ungleich behandelt und zieht vor den Verfassungsgerichtshof.

Drogerien dürfen keine rezeptfreien Medikamente verkaufen, jedoch ist das seit 2015 den Online-Portalen der österreichischen Apotheken möglich. Für Verfassungsrechhtler Heinz Mayer sei das verfassungswidrig, weil es keinen sachlichen Unterschied gebe, der diese rechtliche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte, berichtete das Ö1-Mittagsjournal. Der Apothekervorbehalt verstoße demnach gegen den Gleichheitssatz. Die Drogeriemarktkette dm will deshalb nun gewappnet mit einem Gutachten des Verfassungsrechtlers Mayer den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anrufen.

Mit dem Individualantrag wird nun eine Gesetzesprüfung angeregt. Dabei soll eine Reihe von Paragrafen, insbesondere im Arzneimittelgesetz, vom VfGH geprüft werden.

Apothekerkammer warnt vehement

Bei dm erhofft man sich mit dem Verkauf rezeptfreier Medikamente eine Umsatzsteigerung von bis zu 80 Millionen Euro pro Jahr. Diese Medikamente sollen im Drogeriemarkt so billig angeboten werden, dass sich jede Familie 100 Euro im Jahr sparen würde, meint dm-Geschäftsführer Harald Bauer. Außerdem will er für den Verkauf Pharmazeuten und eigens ausgebildete Drogisten einstellen.

Der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Max Wellan, warnt "vehement" vor einem Verkauf von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken. In einer von der Drogeriemarktkette dm nun geforderten Freigabe des Verkaufs von rezeptfreien Arzneimitteln sieht er eine Wettbewerbsverzerrung und eine Gefahr für die Gesundheit.

Beratung durch Pharmazeuten geplant

Die Apotheker, die übers Internet rezeptfreie Medikamente verkaufen dürfen, bieten begleitend zum Onlineverkauf eine Beratungsmöglichkeit an. Dies wolle auch dm so umsetzen, indem nämlich in den Filialen oder beim Online-Verkauf eine Gratishotline mittels Telefon oder Internet zu einem Pharmazeuten eingerichtet wird. Dann werde dieselbe Beratungsqualität wie von Apothekern gewährleistet, erläutert dm-Sprecher Stefan Ornig.

Derzeit darf dm nur sogenannte "Nahrungsergänzungsmittel" verkaufen, nicht einmal eine Fußpilz-Creme ist im Sortiment erlaubt. Der nun angepeilte Markt der rezeptfreien Arzneimittel ist in Österreich laut Ornig etwas unter 300 Millionen Euro schwer. Würde ein Drittel davon auf dm entfallen, wären dies 100 Millionen Euro. Da dm die Produkte um 20 Prozent billiger als der Apothekenpreis anbieten will, würde sich ein jährlicher Mehrumsatz von 80 Mio. Euro für dm ergeben, rechnet Ornig vor.

Im Geschäftsjahr 2014/15 wurde in Österreich von dm ein Umsatz von 801 Millionen Euro erwirtschaftet, der Umsatz könnte also mit rezeptfreien Arzneimitteln um 10 Prozent gesteigert werden.

>> Bericht im "Ö1-Mittagsjournal"

(APA)

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