Es wäre billiger gewesen, die Hypo schon vor Jahren in die Insolvenz zu schicken. Zwei Gutachten empfahlen diesen Schritt, doch dann kamen die Politik und ein Abendessen dazwischen.
Wien. Kärnten muss also um seine Vermögenswerte zittern. Das hätte man auch schon früher haben können – allerdings günstiger. Seit der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria im Dezember 2009 wurde von Experten immer wieder ein Insolvenzszenario mit Haftung Kärntens durchgespielt und in zwei Gutachten auch empfohlen. Doch der Plan scheiterte vor allem am Widerstand der Nationalbank und deren Warnungen – und nach einem Abendessen beim Bundespräsidenten.
Eine Insolvenz statt einer Notverstaatlichung der Bank im Dezember 2009 sei „keine Option“ gewesen, berichtete der damalige Finanzminister, Josef Pröll, wortreich vor dem Hypo-Untersuchungsausschuss. Die Bank galt damals als systemrelevant, die Europäische Zentralbank warnte vor Auswirkungen auf ganz Südosteuropa.
5,3 Mrd. Euro billiger
Doch für Experten blieb ein Pleiteszenario auf dem Tisch. Ende 2013 untersuchte das Beratungsunternehmen Oliver Wyman im Auftrag des Finanzressorts verschiedene Szenarien zur Hypo und kam zum Schluss: Für den Steuerzahler wäre es am günstigsten, würde man die Bank in die Pleite schicken. Vor allem deswegen, weil „ausländische Banken, Fonds und Versicherungen“ zur Kasse gebeten würden. Auch wären damals noch 2,3 Mrd. Euro Kredit der BayernLB in der Bank gesteckt. Das Finanzministerium berechnete, dass sich der Bund mit einer Insolvenz 5,3 Milliarden Euro ersparen könnte.
Maria Fekter, die im April 2011 Pröll an der Spitze des Finanzministeriums nachgefolgt war, tat bis zu ihrer Ablöse Mitte Dezember 2013 in der Causa aktiv nichts. Eine Bad Bank lehnte sie ab, eine Insolvenz debattierte sie öffentlich nicht. Erst nach ihrer Zeit als Finanzministerin meinte sie in der ORF-Talksendung „Stöckl“: „Ich persönlich hätte eine Insolvenz bevorzugt.“ Kärnten wäre in dem Fall zwar auch „in der Ziehung gewesen“, aber: Der Bund hätte das Geld, „das man jetzt noch in die Hypo schaufeln muss“, direkt nach Kärnten überweisen können.
Erst Fekters Nachfolger, Michael Spindelegger, brachte eine Insolvenz aufs Tapet. Er gab nach dem Wyman-Gutachten beim deutschen Beratungsunternehmen zeb eine weitere Expertise in Auftrag. Auch dessen Experten kamen zum Schluss, dass eine Insolvenz die am wenigsten schlechte aller schlechten Lösungen wäre.
Grün-Abgeordneter Werner Kogler meint, er habe in seinen Gesprächen mit Spindelegger den Eindruck gehabt, dass der Minister „eine Insolvenz klar präferiert“.
Doch es gab heftigen Widerstand, in erster Linie von der Nationalbank und dem damaligen Leiter der Hypo-Taskforce, Klaus Liebscher. Eine Insolvenz hätte „unabsehbare wirtschaftliche Konsequenzen für den Standort Österreich“, argumentierte Liebscher. Die Nationalbank ließ damals Berechnungen durchsickern, wonach eine Pleite 26 Milliarden Euro kosten könnte. Eine Rechnung, die andere Experten nicht nachvollziehen konnten.
Abendessen bei Fischer
Jedenfalls war die Linie „Insolvenz der Hypo“ keine unumstrittene. „Das war eine sehr schwierige Situation“, heißt es aus dem Umfeld des damaligen Finanzministers. „Wenn man so einen Schritt durchziehen will, dann müssen die gesamte Regierung und die maßgeblichen Institutionen, wie die Nationalbank, dahinterstehen.“ Und das sei nicht der Fall gewesen.
In die Auseinandersetzung an der Regierungsspitze zwischen Spindelegger, der eine Insolvenz wollte, und Bundeskanzler Werner Faymann, der sie strikt ablehnte, schaltete sich schließlich sogar der Bundespräsident ein. Heinz Fischer lud Faymann und Spindelegger am 13. März 2014 zu einem privaten Abendessen. Dabei wurde die Insolvenzlösung angeblich verworfen. Auf jeden Fall ließ Spindelegger nach dem Treffen seinen Insolvenzplan fallen. Im Hintergrund mischte nach verschiedenen Informationen auch Justizminister Wolfgang Brandstetter mit, der freilich dementiert, an dem Abendessen teilgenommen zu haben.
Die Opposition hatte Ende 2014 angekündigt, den fraglichen Abend und die „verschwundene“ Insolvenzlösung im U-Ausschuss behandeln zu wollen. Justizminister Wolfgang Brandstetter ist auf jeden Fall im Mai vorgeladen, für weitere Untersuchungen wird die Zeit aber knapp: Die Befragungen sollen nach bisherigen Planungen am 25. Mai mit einem Auftritt Fekters enden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2016)