Registrierkassen: Kurze Schonfrist bei Kassenpflicht

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Die Verpflichtung zur Anschaffung einer Registrierkasse verstößt nicht gegen die Verfassung, urteilt das Höchstgericht. Es gewährt den Betrieben aber eine kurze Schonfrist.

Wien. Man muss seine Einnahmen in Österreich nicht nur versteuern, sondern auch ordentlich registrieren – und das verstößt nicht gegen die Verfassung. Zu diesem Schluss kam gestern der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nach einer überraschend kurzen Prüfung von mehreren Beschwerden gegen die Registrierkassenpflicht.

Die verpflichtende Führung einer manipulationssicheren Kasse ist eine Maßnahme, mit der die Regierung die Steuerreform finanziert. Vor allem Kleinunternehmer und Gasthäuser liefen gegen die Regelung Sturm, die im Jahr zusätzliche Einnahmen in Höhe von 900 Millionen Euro bringen soll.

Es gebe „nach Meinung des Verfassungsgerichtshofs ein öffentliches Interesse“ an einer solchen Regelung. Auch sei die Maßnahme „geeignet, Manipulationsmöglichkeiten zu reduzieren und damit der Steuerhinterziehung und der Umsatzverkürzung entgegenzuwirken“. Mit diesen Worten begründete Gerhart Holzinger, Präsident des VfGH, die Entscheidung der Höchstrichter.

Auch Kleinunternehmer dürfe man zu Registrierkassen verpflichten. Dies sei kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit der Erwerbsmäßigkeit, die verfassungsrechtlich geschützt ist.

Allerdings gab das Gericht den Betroffenen eine kurze Schonfrist: Die Kassenpflicht gilt für alle Unternehmen (mit wenigen Ausnahmen), die einen Jahresumsatz von mehr als 15.000 Euro erwirtschaften, davon mehr als 7500 Euro in bar. Das Finanzministerium nahm die Umsätze aus dem vergangenen Jahr an und führte die Kassenpflicht mit 1. Jänner 2016 ein.

Die Höchstrichter entschieden aber, dass die Umsätze erst ab 2016 zu zählen sind. Denn der Gesetzgeber habe keine rückwirkende Regelung vorgesehen, betonte Holzinger. Das hätte er ausdrücklich machen müssen. Somit können als Kriterium zur Kassenpflicht nur die Umsätze ab 1. Jänner gezählt werden, aufgrund des Fristenlaufs ist die Registrierkasse somit ab 1. Mai verpflichtend.

„Keine Folge für Einnahmen“

Das Finanzressort hatte zwar eine Übergangsfrist bis Ende März vorgesehen, in der von Strafen abgesehen wird (mit einer guten Begründung gilt die Frist bis Ende Juni). Dennoch fehlt dem Ressort nun zumindest ein Monat, geht man nach dem Einführungstermin, sogar vier. Auf die veranschlagten Einnahmen aus der Einführung der Registrierkassen werde sich das aber nicht auswirken, meinte ein Sprecher des Ministeriums.

Anwältin Veronika Cortolezis, die die Registrierkassenpflicht im Auftrag einer nebenberuflichen Schmuckdesignerin, eines Taxiunternehmers und einer Tischlerei zu Fall bringen wollte, sieht in diesem Erkenntnis „immerhin einen Teilerfolg, den wir vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen erzielt haben“. Weil die Verfassungsrichter das Heranziehen von Umsätzen aus dem Jahr 2015 verboten hätten, hätten die Unternehmer nun mehr Handlungsspielraum. Sie könnten nun ihr Zahlungssystem umstellen.

Anders als Bankomat- oder Kreditkartenzahlungen gelten nämlich Banküberweisungen nicht als Barzahlungen. Kleinunternehmen, die ihre Kunden mehr als bisher per Banküberweisung bezahlen lassen, können so unter der Umsatzgrenze für die Registrierkassenpflicht bleiben.

Für den Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, René Tritscher, ist das nur eine theoretische Möglichkeit, weil es das Risiko beim Kassieren erhöhe. „Ich glaube nicht, dass das viele Unternehmen ausnützen werden.“ Auch sei die Umsatzgrenze so gering, dass ein Unternehmen „sehr schnell darunterfällt“.

Die heftigen Widerstände gegen die Kassenpflicht dürften mit dem Erkenntnis vorbei sein. „Das Urteil ist zu akzeptieren“, meinte Tritscher. Heftiger reagierte der Vizepräsident der Wirtschaftskammer, Matthias Krenn: „Unfassbar, was unseren Unternehmen hier zugemutet wird.“ Die „Regulierungs- und Bevormundungspolitiker“ könnten nun einen weiteren Erfolg verbuchen.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat auf die VfGH-Entscheidung erfreut reagiert. „Das gibt zumindest Rechtssicherheit und sorgt für eine Entemotionalisierung der Gesamtsituation“, meinte er am Dienstag nach dem Ministerrat. (rie/aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

THEMENBILD: 1.MAI/MAIBAUMAUFSTELLEN
Österreich

Vereine: Neue Gespräche über Registrierkasse

Der Druck aus den Ländern zeigt Wirkung: Im Finanzministerium werden jetzt Änderungswünsche bei der Registrierkassenpflicht für Vereine geprüft.
Kassalade - cash box
Österreich

Vereine: "Steuern auf gesellschaftlichen Supergau zu"

Die Initiative "Rettet die Vereinsfeste" will eine Anpassung der Registrierkassenpflicht und ein Ende der "Pauschalkriminalisierung gegenüber Ehrenamtlichen". Wirte sehen das etwas anders.
Werden mehr als 48 Stunden im Jahr Brathendln verkauft, braucht auch ein Verein eine Registrierkasse.
Österreich

Registrierkasse: Sorge um Vereine

Wirte beklagen, dass ihnen Vereine mit Kantinen und Festen das Geschäft wegnehmen. Doch die Vereine fürchten selbst um das Überleben, der Fußballbund warnt.
Registrierkassenpflicht ist nicht verfassungswidrig
Innenpolitik

VfGH: Registrierkassenpflicht ist nicht verfassungswidrig

Die Pflicht sei dazu geeignet, Steuerhinterziehung zu vermeiden. Die Registrierkassenpflicht gilt frühestens ab 1. Mai, entschied der Verfassungsgerichtshof.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.