Telekom Austria: Wandert Festnetz samt Beamten zum Staat?

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A zoomed image of the Telekom Austria Group logo is seen during a news conference at the company´s headquarters in this picture illustration(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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In der Telekom Austria wird die Ausgliederung der Infrastruktur – ein lang gehegter Wunsch der Sozialdemokraten – diskutiert. Das komplexe Unterfangen hat auch Gegner.

Wien. „Ich halte es für wichtig, dass die strategisch bedeutende Infrastruktur im Einfluss der öffentlichen Hand bleibt“, sagte der neue Verkehrsminister, Gerald Klug (SPÖ), kürzlich. Klug steht mit diesem Wunsch nicht allein da: Auch sein Vorgänger, der nunmehrige Sozialminister, Alois Stöger, und viele andere Sozialdemokraten, aber auch dem bürgerlichen Lager nahestehende Wirtschaftsgranden sind der Meinung, dass der Staat bei Telekom-, Strom- und Gasnetzen das Sagen haben müsse, damit die Versorgung gesichert sei. Erst kürzlich sorgte das Thema im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf des Gasnetzes der OMV für hitzige Debatten.

Klugs Wunsch scheint nicht ganz unrealistisch – in der Telekom Austria dominiert, wie „Die Presse“ aus Konzernkreisen erfuhr, ein Thema: Die mögliche Ausgliederung der Netz-Infrastruktur und Übertragung an den Staat. Noch ist alles inoffiziell, entsprechend dürftig sind die Stellungnahmen. Konzernsprecherin Ingrid Spörk will „Fragen, die den Eigentümer betreffen, nicht kommentieren“. Und: „Es gibt keinen Auftrag.“ Im Finanzministerium spricht man von „reiner Spekulation“.

Keine politischen Zores

Klar ist: Dem Mehrheitseigentümer, America Movil (Amov), käme das Megaprojekt, das konzernintern sehr wohl vorangetrieben wird, zupass. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Konzern des Multimilliardärs Carlos Slim die Telekom à la longue zur Gänze besitzen und von der Börse nehmen will („Die Presse“ berichtete).

Die Mexikaner, die sich in mehreren Schritten 60 Prozent an der Telekom angeeignet haben, sind nun darauf bedacht, sich das Wohlwollen der Entscheidungsträger zu erhalten. Die direkte Übernahme des Staatsanteils von 28,4 Prozent würde allerdings massiven Widerstand in der SPÖ und bei den Gewerkschaften auslösen.

Die Ausgliederung der Infrastruktur (im Wesentlichen geht es um Fazilitäten rund um das Festnetz, das im Zuge des Breitbandausbaus von Kupfer auf Glasfaser umgerüstet wird) hätte indes gleich in mehrfacher Hinsicht Charme:
• Der Bund müsste zwar der Telekom das Netz abkaufen. Ein Gutteil des Preises könnte jedoch mit dem Staatsanteil abgedeckt werden, der auf Basis des aktuellen Aktienkurses rund eine Mrd. Euro schwer ist. Der von Finanzsorgen geplagte Finanzminister, Hans Jörg Schelling (ÖVP), müsste also nicht ganz so tief in die Tasche greifen.
• Die Mexikaner wiederum könnten sich auf das Kundengeschäft in Österreich und vor allem in Osteuropa konzentrieren und dort weiter investieren. Genau das war ihr Ansinnen für den Einstieg bei der Telekom – diese als Sprungbrett zu nützen.
• Die Gewerkschaft dürfte der Ausgliederung der Infrastruktur noch aus einem weiteren Grund Positives abgewinnen: Mit dem Netz würden auch die rund 4500 Beamten, die hauptsächlich im Festnetzbereich tätig sind, mit übersiedeln. Sie behielten ihren Status und ihre im Beamtendienstrecht verankerten Rechte. Und Telekom-Boss Alejandro Plater, der sich die Steigerung der Profitabilität auf die Fahnen geschrieben hat und daher mit der Beamtenstruktur, gelinde gesagt, nicht glücklich ist, wäre dieses Problem ein für alle Mal los.

Faktum ist allerdings, dass eine solche Ausgliederung kompliziert ist. Es bedarf nicht nur eines Spaltungsplans, entsprechender Bewertungen und Bilanzen, sondern auch der Zustimmung durch die Hauptversammlung. Vorbilder sind die ÖBB-Infrastruktur AG und die Austria Power Grid (APG), in der das Stromnetz des Verbunds gebündelt ist. Sie gehören über die jeweiligen Konzerne indirekt dem Bund.

Nicht alle in der Telekom sind von der Ausgliederung überzeugt. Ronny Pecik, mächtiger Telekom-Aufsichtsrat und Verbindungsmann der Mexikaner in die österreichische Politik, hegt Zweifel. Der Mann, der mit dem Verkauf seines Aktienpakets den Einstieg der Mexikaner erst möglich gemacht hat, sagt auf Anfrage der „Presse“: „Das geht technisch nicht.“ Zu sehr sei die Infrastruktur von Festnetz und Mobilfunk verwoben. Außerdem sei das Netz für den Staat „zu teuer“.

Teure Mitarbeiterstiftung

Rasch gelöst werden muss hingegen die im Syndikatsvertrag mit der Staatsholding Öbib vereinbarte Absenkung des Amov-Anteils an der Telekom von 60 auf 51 Prozent. Für die Mexikaner bedeutet das ein Verlustgeschäft, da sie zu einem weit höheren Kurs eingestiegen sind. Eine Änderung des Vertrags scheint aber unwahrscheinlich.

Die nun kursierende Alternative ist aber ebenfalls unrealistisch: Fünf Prozent sollen in eine Mitarbeiterstiftung gehen und fünf Prozent der Staat zukaufen. Dazu sind jeweils 190 Mio. Euro erforderlich – Geld, das weder die Öbib noch eine Stiftung hat. Bleibt also nur der Verkauf über die Börse. Bevor sich die Telekom von der Börse verabschiedet, könnte der Streubesitz also noch erhöht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2016)

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