AK-Rücklage: Plus von 1183 Prozent

(c) FABRY Clemens
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Die Arbeiterkammer Wien hat ihre Personalrücklagen seit 2004 um mehr als 1000 Prozent erhöht. Grund sei eine neue Berechnungsmethode, die Neos wittern einen Skandal.

Wien. Es ist eine fast schon jährliche Routine der Neos seit ihrem überraschenden Einzug in den Nationalrat 2013: Per parlamentarischer Anfrage wollen sie vom Sozialminister wissen, wie sich die finanzielle Situation der verschiedenen Arbeiterkammern entwickelt – von den Einzahlungen der Pflichtmitglieder bis zum Personalaufwand.

Üblich ist eine stetige Steigerung über die Jahre. Diesmal aber sticht eine Zahl besonders hervor: In der Arbeiterkammer Wien ist die Summe der personalabhängigen Rückstellungen von 5,3 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 68,3 Millionen Euro im Jahr 2014 gestiegen. Eine Zunahme, wie die Neos errechnet haben, von 1183 Prozent im Lauf von zehn Jahren.

Die Partei von Matthias Strolz wittert hinter diesen Zahlen einen handfesten Skandal: Es habe in den vergangenen Jahren offenbar großzügige Pensions- und Abfertigungszusagen für die etwa 580 Mitarbeiter der Wiener Arbeiterkammer gegeben, meinte eine Sprecherin. „Da lassen die Luxuspensionisten der Chefetagen grüßen“, meinte Abgeordneter Gerald Loacker in einer Erklärung. Anders sei die Steigerung über die Jahre nicht zu erklären.

Einnahmenplus von 45 Prozent

Doch, meint man bei der Arbeiterkammer Wien. Man habe einfach nur das Berechnungssystem für die Rückstellungen umgestellt. Früher habe man die Berechnung nach der Haushaltsordnung der Arbeiterkammer durchgeführt. Jetzt berechne man nach dem Unternehmergesetzbuch. Das sei eine transparentere und auch sicherere Darstellung der tatsächlichen Kosten. Ein Skandal verberge sich hier nicht.

Die Erklärung will man bei den Neos nicht glauben. „Dass die Berechnungsart umgestellt wurde, erscheint uns unlogisch. Denn eine Umstellung erfolgt in aller Regel von einem Jahr auf das andere und zieht sich nicht über zehn Jahre“, erklärt der Klub in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Rückstellungen in Wien seien von Jahr zu Jahr gestiegen, nicht plötzlich. Das deute auf höhere Zahlungszusagen hin.

Die Steigerung um 1183 Prozent steht auch im krassen Widerspruch zu den Zahlen der anderen Arbeiterkammern Österreichs. Die zweithöchste Steigerung bei den personalabhängigen Rückstellungen weist die AK Niederösterreich mit einem Plus von 81 Prozent von 2004 bis 2014 auf. Bei den anderen Arbeiterkammern bewegen sich die Steigerungen zwischen sieben (Burgenland) und 57Prozent (Oberösterreich). In Tirol und Vorarlberg gingen die Rückstellungen sogar zurück, um 33 bzw. 39 Prozent.

Es sei verwunderlich, dass eine Landeskammer allein seine Berechnungsart ändere und die anderen nicht, urteilen die Neos. Man wolle nun in einer weiteren Anfrage wissen, wie sich die Zahl der Pensionsbezieher und der Anwartschaftsberechtigten im Lauf der Zeit in Wien geändert habe.

Auch eine weitere Steigerung sorgt bei der Partei für Kritik: Die Einnahmen aus der AK-Umlage gingen massiv nach oben. Sie betrugen im Jahr 2014 insgesamt 403 Millionen Euro. In den vergangenen zehn Jahren sind die Einnahmen somit um 45 Prozent gestiegen. Die Inflation betrug im gleichen Zeitraum dagegen nur 23 Prozent.

In der Arbeiterkammer verweist man auf die gestiegene Zahl der Beschäftigten und auf die Koppelung der Umlage an die Bruttogehälter (0,5 Prozent), die sich ebenfalls positiv entwickelt hätten. Dadurch sei es zur Zunahme um 45 Prozent gekommen.

Das erkläre auch den höheren Aufwand für die Gehälter der AK-Mitarbeiter, obwohl die Zahl der Beschäftigten fast gleich geblieben sei: 2612 Personen waren es 2014, 2004 waren es nur um 217 weniger. Für sie wandte man vor zwei Jahren 190 Mio. Euro auf, 2004 waren es noch 131 Mio. Euro. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2016)

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