Registrierkasse: Sorge um Vereine

Werden mehr als 48 Stunden im Jahr Brathendln verkauft, braucht auch ein Verein eine Registrierkasse.
Werden mehr als 48 Stunden im Jahr Brathendln verkauft, braucht auch ein Verein eine Registrierkasse. (c) FABRY Clemens
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Wirte beklagen, dass ihnen Vereine mit Kantinen und Festen das Geschäft wegnehmen. Doch die Vereine fürchten selbst um das Überleben, der Fußballbund warnt.

Wien. Viel Zeit bleibt nicht mehr: Ab 1. Mai müssen Betriebe mit mehr als 15.000 Euro Jahresumsatz eine Registrierkasse haben (die Schonfrist kommt vom Verfassungsgerichtshof, der die Pflicht ab 1. Jänner für unzulässig erklärt hatte). Die meisten Unternehmen haben sich mittlerweile damit abgefunden, dafür entbrennt nun ein Streit auf anderer Ebene: Die Wirte machen gegen die Vereine mobil, denen man Ausnahmen von der Kassenpflicht zugestanden hat. Die Vereine ihrerseits machen wegen der Unsicherheiten mobil und fürchten ein Vereinssterben – und auch im Präsidentschaftswahlkampf ist der Streit mittlerweile angekommen.

„Die Bürokratie wird zur Existenzbedrohung der Bürgergesellschaft und bedroht den Zusammenhalt“, donnerte VP-Kandidat Andreas Khol wie bereits im „Presse“-Chat. Ihm leuchte nicht ein, „wie Vereine dazu kommen, (wegen der Registrierkassenpflicht, Anm.) plötzlich Pfennigfuchser zu werden“. In einem Radiointerview sprach er sich dezidiert gegen eine Kassenpflicht für Vereinsfeste aus.

Doch damit dürfte er es sich mit vielen Gastronomen verscherzen. Denn sie beklagen, dass ihnen die Vereine mehr und mehr Umsatz wegnehmen. „Vereinslokale gefährden das Überleben der Dorfwirte massiv“, sagt Mario Purker, Obmann des Fachverbands der Gastronomie der Wirtschaftskammer. Mit den Ausnahmen von der Kassenpflicht gebe es „keine Waffengleichheit“, einige Unternehmer hätten es gar zum Geschäftsmodell gemacht, mit der wiederholten Gründung von Vereinen Geld zu verdienen. Friedrich Schneider von der Kepler-Universität Linz hat errechnet, dass Vereine mit Festen und Lokalen einen Jahresumsatz von 860 Mio. Euro machen – die Kleingastronomie (bis zu neun Beschäftigten) setze im Vergleich dazu 1,77 Milliarden Euro um. Die gesamte Gastronomie erwirtschaftete in Österreich im vergangenen Jahr 8,8 Milliarden Euro Umsatz.

Registrierkassen für Rotes Kreuz

Doch die Vereine klagen ihrerseits über die Auflagen. Denn die Ausnahmen sind strikt geregelt: Überschreiten beispielsweise Feste mehr als 48 Stunden im Jahr, ist auch für einen Verein eine Registrierkasse verpflichtend (bei Feuerwehrfesten gilt ein Limit von drei Tagen. Sobald ein Gastronom involviert ist, gilt umgehend eine Kassenpflicht).

Das bedeutet, dass künftig etwa das Rote Kreuz Registrierkassen benötigt, ebenso Musikkapellen, aber auch Kantinen eines Sportvereins (wenn die Umsatzgrenzen überschritten werden).

Das ruft den mächtigen Österreichischen Fußballbund (ÖFB) auf den Plan. „Die zusätzlichen Kosten und der administrative Aufwand könnten viele Amateurvereine überfordern“, meinte ÖFB-Präsident Leo Windtner zur APA. Er befürchtet, dass einige Vereine aufgrund dieser Regelung zusperren müssen, weil sie keine Mitarbeiter mehr finden können. „Die Gefahr, dass ehrenamtliche Funktionäre davonlaufen und keiner mehr bereit ist, ein Ehrenamt zu übernehmen, ist schlagend geworden.“

Thomas Hollerer, Direktor für Recht und Administration beim ÖFB, gibt im „Presse“-Gespräch zu bedenken, dass „Trainer und Funktionäre in den Vereinen ehrenamtlich viele Tätigkeiten übernehmen, die sonst die Kommunen ausüben müssten“. Etwa die Betreuung der Kinder in den Sportgruppen am Nachmittag. Wenn das wegfalle, könnte es für die Gemeinschaft teuer werden. Im ÖFB seien 2300 Vereine organisiert mit etwa 500.000 Spielern, Funktionären und Schiedsrichtern. Jedes Wochenende seien etwa 320.000 Mitglieder auf den Fußballplätzen in Österreich aktiv.

Als eine Lösung, um Vereinen das Wirtschaften leichter zu machen, schlägt man etwa in der Steiermark eine Erhöhung der Umsatzgrenze vor. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer schwebt gegenüber der „Kleinen Zeitung“ eine Umsatzgrenze von 30.000 Euro vor. Im Gespräch mit der „Presse“ genügt das dem Tourismussprecher der Grünen, Georg Willi, nicht: „Die Umsatzgrenze ist generell für alle zu niedrig.“ Auch beim ÖFB hofft man, noch Änderungen bei den Umsatzgrenzen durchbringen zu können. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2016)

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